STMUK_Handreichung_Organspende_2021_Web_BF

31 Organentnahme/Transport Prinzipiell ist eine Organentnahme in jedem Krankenhaus möglich, das über einen Operationssaal verfügt. Nach der Organentnahme werden die Organe schnellstmöglich zu den Empfängerzentren transportiert. Der Leichnam wird sorgfältig versorgt und die Angehörigen erhalten die Möglichkeit, nach der Organentnahme noch einmal vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Im Transplantationszentrum wird das Organ schnellstmöglich dem jeweiligen Empfänger transplantiert. 5.3 Kriterien der Organverteilung Der Mangel an postmortal gespendeten Organen führt zu einer permanenten Diskussion über deren medi zinisch richtige und ethisch gerechte Verteilung. - Im Folgenden werden die wichtigsten Verteilungskriterien vorgestellt und bewertet. Notwendigkeit Die Notwendigkeit einer Transplantation ist die Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die Warteliste. Medizinisch spiegelt sich die Notwendigkeit in der Indikation wieder. Diese ist aber gerade in der Transplan tationsmedizin keineswegs einfach. So beeinflusst nicht nur das Ausmaß des jeweiligen terminalen Organ versagens oder der Allgemeinzustand des Patienten die Indikationsstellung entscheidend, sondern auch die Verfügbarkeit von Spenderorganen. Beispielsweise kann der Erfolg einer Lebertransplantation bei Leberme tastasen (Tochtergeschwülsten) eines Darmtumors durch diese Krebserkrankung beeinträchtigt sein, beim Vorhandensein von ausreichend vielen Spenderorganen wird die Transplantation aber als medizinisch durch aus sinnvoll eingestuft und in Ländern mit hoher Spenderrate (z.B. Norwegen) auch erfolgreich durchgeführt. In Ländern mit Organmangel verbietet sich jedoch diese Indikation. In ein und demselben Fall kann also eine Transplantation je nach Kontext „richtig oder falsch“ sein. Derartige Beispiele gibt es in der Transplantations medizin viele. - - - - - Dringlichkeit Die Dringlichkeit wird immer dann zum entscheidenden Zuweisungsprinzip, wenn Ersatzverfahren zur Auf rechterhaltung der prinzipiellen Organfunktion nicht zur Verfügung stehen. Im Falle eines kompletten Erliegens der Nierenfunktion kann man Patienten heutzutage über Jahre erfolgreich dialysieren und ein Linksherzver sagen kann man mit einemmechanischen Herzunterstützungssystem über Monate kompensieren. Ein solches Ersatzverfahren steht bei einem kompletten Leberversagen nicht zur Verfügung. Je nach Schweregrad kann der Ausfall der Leberfunktion nur für einen begrenzten Zeitraum überlebt werden; bei Totalausfall nur für etwa 48 Stunden. Diesen organspezifischen Unterschieden muss ein Verteilungssystem Rechnung tragen. So spielt im Falle der Nierentransplantation die Dringlichkeit eine eher untergeordnete Rolle. Die Verteilung erfolgt hier im Wesentlichen gemäß der Erfolgsaussicht und Wartezeit. Bei der Lebertransplantation hinge gen spielt die Dringlichkeit eine übergeordnete Rolle, in der Regel erhalten die kränksten Patienten als erste die verfügbaren Spenderlebern. - - - Erfolgsaussicht und Chancengleichheit Bei knappen Ressourcen an Spenderorganen erscheint es sinnvoll, die wenigen verfügbaren Spenderorgane bevorzugt jenen Patienten zu transplantieren, bei denen sich ein längerfristiger Erfolg der Transplantation erwarten lässt. Post mortem gespendete Nieren werden z.B. bevorzugt an Patienten, die mit dem Spender in möglichst vielen Gewebemerkmalen übereinstimmen, vermittelt. Damit werden die transplantierten Nie ren vom Empfänger-Immunsystem besser toleriert und haben eine längere Funktionsdauer. Die Schwierigkeit -

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