STMUK_Handreichung_Organspende_2021_Web_BF

15 3.3 Welche Funktionen hat unser Gehirn und warum spricht man vom Tod, wenn die gesamte Hirnfunktion dauerhaft und unumkehrbar ausfällt? Unser Hirn verarbeitet alle Sinneseindrücke und Meldungen unseres Körpers, es plant und steuert sämtliche bewusste und unbewusste Handlungen. Unser Hirn steuert, ob wir wach sind oder müde, ob wir schlafen oder träumen. Es lässt uns spüren, ob wir uns freuen, wütend oder traurig sind, ob wir Schmerzen erleiden oder ob wir uns wohl fühlen. Unser Gehirn steuert unsere Atmung, die Körpertemperatur und den Wasserhaushalt unseres Körpers. Es sorgt durch Reflexe für die Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen (Schmerzwahrnehmung, Würge- / Husten- /Schluckreflex) des Organismus. Wenn die Gehirnfunktion ausfällt, ist die integrative Steuerungsfunktion für den menschlichen Organismus verloren. Ohne Bewusstsein kann ein Mensch nichts mehr wahrnehmen, nichts mehr empfinden, nicht mehr denken, nichts mehr entscheiden. Es ist nicht mehr möglich, auf die Umwelt zu reagieren, zu handeln, zu lernen und sein Verhalten an äußere Umstände anzupassen. Schlafen, Wachen und Träumen sind nicht mehr möglich. Lebenswichtige Funktionen wie der Antrieb zu atmen und die Regulation von Blutdruck, Wasser haushalt und Körpertemperatur fallen endgültig aus. Die körperliche Grundlage für die zentrale Steuerung aller Funktionen, die einen Menschen zu einem Lebewesen in körperlich-geistiger Einheit machen, ist unwiederbringlich verloren. - 3.4 Wie wird der Hirntod festgestellt? Wenn ein Mensch gestorben ist, wirkt sein Körper meist leblos und leichenhaft. Obwohl der Körper präsent ist, fühlt man, dass der Verstorbene auf eigentümliche Weise abwesend ist. Er zeigt keine Reaktionen mehr, atmet nicht und sein Herz schlägt nicht mehr. Durch den endgültigen Herz- und Atemstillstand erlöschen auch alle Hirnfunktionen dauerhaft. Dieser Zustand erkennt und erlebt auch der Laie als eingetretenen Tod. Dies hat auch das Todesverständnis der meisten Menschen ganz wesentlich geprägt. Wenn eine schwere Hirnschädigung auf der Intensivstation zur Entwicklung des Hirntods geführt hat und gleichzeitig durch eine Beatmungsmaschine die Atmung und durch Medikamente die Funktion von Herz und Kreislauf künstlich aufrechterhalten werden, wird der betroffene hirntote Mensch nicht als tot erlebt. Dies kann zu erheblichen Verunsicherungen führen. Denn ohne neurologische Untersuchung unterscheidet sich ein Hirntoter anhand seiner äußeren Erscheinung nicht von einem schwerkranken bewusstlosen, aber leben den Menschen, der auf der Intensivstation beatmet wird. Der allmähliche und schließlich vollständige Ausfall der Gehirnfunktionen durch den immer weiter ansteigenden Hirndruck führt zunächst nicht zu äußerlich erkennbaren Veränderungen des Zustands des Kranken. - Dennoch kann der vollständige und unumkehrbare Ausfall der Hirntätigkeit durch den Arzt sicher nachgewie sen werden. Um höchste diagnostische Sicherheit zu gewährleisten, erfolgt die Feststellung des Hirntods stets unabhängig voneinander durch zwei Ärzte mit mehrjähriger Erfahrung in der Intensivmedizin. Nur wenn beide eindeutige und übereinstimmende Befunde erheben, ist der Hirntod festgestellt. -

RkJQdWJsaXNoZXIy ODExNDM=