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Nicht nur Englisch
Unbestritten:An der internationa-
lenVerkehrssprache Englisch kommt heute niemand
mehr vorbei. Deshalb ist Englisch nicht nur an allen
weiterführenden Schulen Bayerns Pflichtfach, sondern
wird auch schon an vielen Grundschulen angeboten.
Doch gerade die Europäer, die nicht nur wirtschaftlich
zu einer Einheit zusammenwachsen, tun gut daran,
weitere Sprachen zu lernen. Kein anderer Kontinent
beherbergt auf engem Raum so vieleVölker und Kul-
turen – wer sich hier zu Hause fühlen will, braucht
mehr als nur Englisch. „Es ist zumindest Dreisprachig-
keit angesagt“, meint Professor Konrad Schröder, Lehr-
stuhlinhaber für Didaktik des Englischen an der Uni-
versität Augsburg undVorsitzender des Fachverbands
Moderne Fremdsprachen. „Neben der internationalen
Sprache Englisch sollten Europäer und vor allem wir
Deutsche noch die Sprache eines Nachbarlandes be-
herrschen.“
Für die meisten bayerischen Schüler heißt die zweite
moderne Fremdsprache Französisch. Doch auch Italie-
nisch und Spanisch sind in den letzten Jahren auf dem
Vormarsch – alsWahlunterricht, in Arbeitsgemeinschaf-
ten oder als reguläres Unterrichtsfach. Russisch und
Tschechisch haben ebenfalls einen festen Platz an den
bayerischen Schulen.Der Sprachenvielfalt kommt außer-
dem eine Neuregelung am Gymnasium zugute: Seit
zwei Jahren gibt es die Möglichkeit, unter bestimmten
Voraussetzungen nach der 10. Klasse die 1. oder 2.
Fremdsprache abzulegen und dafür ab Jahrgangsstufe
11 eine neue Fremdsprache zu erlernen, die bis zum
Ende der 13. Klasse fortgeführt werden muss.
Damit das Ziel „Mehrsprachigkeit“ für möglichst
viele Schüler Realität wird, sei es aber, wie Professor
Schröder betont, auch wichtig, dass schon die erste
Fremdsprache „europatauglich“ unterrichtet wird. Das
heißt, es gilt von Anfang an, Fenster zu anderen Spra-
chen zu öffnen und Schüler grundsätzlich für das Spra-
chenlernen zu motivieren. Ein Beispiel: Wenn der
schwierige englische th-Laut trainiert wird, lässt sich
Aktueller denn je
das wunderbar auch anhand von spanischen Zungen-
brechern üben.
Abschied von der Fehlerlosigkeit
Natürlich besteht im
Unterricht nach wie vor das Ziel, eine Sprache mög-
lichst korrekt zu beherrschen. Doch wichtiger als ab-
solute Fehlerlosigkeit beim Schreiben und Übersetzen
ist es, sich in Sprechsituationen zu bewähren. „Wir
müssen den jungen Leuten“, so Schröder, „die Angst
vor Fehlern nehmen und sie zu anspruchsvoller, indivi-
dueller Kommunikation ermutigen.Wichtig ist es, po-
sitiv zu korrigieren, d.h. anzuerkennen, was schon da
ist, anstatt auf dem herumzureiten, was fehlt.“
Um die Gewichte zwischen Sprechen und Schrei-
ben zu verschieben, überlegt man derzeit im Kultus-
ministerium, wie die mündlichen Fertigkeiten bei der
Notengebung stärker zu Buche schlagen könnten.
Außerdem werden auch schriftliche Prüfungen in der
Fremdsprache von den meisten Lehrern heute so ge-
staltet, dass man vom bloßen Fehlerzählen wegkommt.
Der Einser-Schüler, der in der Schule zwar lupenreine
Arbeiten schreibt, es im Ernstfall aber nur zu einem
„fehlerlosen Schweigen“ bringt, ist endgültig passé.
Auch die Forderung, die Europäer sollten Kennt-
nisse in möglichst vielen Sprachen haben, bedeutet
nicht, dass jede Fremdsprache von der Pike auf neu
gelernt werden muss. Laut Schröder ist es vielmehr
wichtig, mit Teilkenntnissen zu arbeiten und dabei
auf dieVerwandtschaften unter den europäischen
Sprachen zurückzugreifen. „Wer etwa eine romani-
sche Sprache wie Italienisch oder eine slawische Spra-
che wieTschechisch beherrscht, lernt relativ schnell,
die übrigen Sprachen der Sprachfamilie zumindest
lesend zu verstehen.“
Kulturelle Vielfalt wahrnehmen
Eine fremde Sprache
lernen, heißt immer auch, eine andere Kultur verste-
hen lernen. Lange Zeit stand dabei die „hohe Litera-
tur“ der Fremdsprache im Mittelpunkt. Dieser enge
Mit Ablauf des Monats Dezember geht das Europäische Jahr der Sprachen
zu Ende. Anlass für Überlegungen,worauf es in Zukunft ankommt.
Moderne Fremdsprachen
Jahr der Sprachen