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Vorwort
Nicht nur Punkte und Noten . . .
Er erwirbt das Wissen und die Fertigkeiten, die Ein-
stellungen und Verhaltensweisen, um sich unter an-
deren Menschen und in der Welt zu orientieren. Er
pflegt seine Erinnerungen, er macht sich Regeln, er
beobachtet und erklärt die Natur, er liest, er dichtet
und singt, er vollkommnet sich darin und sucht Sinn.
Und schließlich richtet er seinen Blick auf das Wohl
seiner Gemeinschaft, auf die Einhaltung von Rechten
und Pflichten, auf die Verteidigung der Freiheit und
die Achtung für Ordnungen und Anstand. Er prüft Ziele
und wird fähig, Entscheidungen zu treffen.
So lässt sich, wenn auch nicht ganz wörtlich, zusammenfassen, wie ein Schulreformer einmal das be-
schrieb, was nach seiner Auffassung den gebildeten Menschen ausmacht, also den Menschen, wie er
sich in der Schule entwickeln darf und soll.
Wenn ihr an Schule denkt, mag manchen von euch wahrscheinlich schneller der Termin der nächsten
Schulaufgabe oder die Note der letzten Ex einfallen, als dass euch solche Gedanken durch den Kopf
gingen. Doch beim zweiten Hinsehen fällt euch vielleicht auf, dass auch ihr zumindest manche der
Themen schon im Unterricht erarbeitet und über den Wert zumindest einiger der erwähnten Tugenden
gesprochen habt. Nur gibt es vielleicht noch zu selten Gelegenheit, dieses eigene Lernen im Unterricht
selbst mitzugestalten. Und zunächst scheint der Raum, der für das eigentliche (Er-)Leben bleibt, begrenzt.
Solche Freiräume könnt ihr mit euren Mitschülern und Lehrern gemeinsam erobern und ausgestalten –
für die Entwicklung und Entfaltung persönlicher Neigungen, indem ihr mehr anstrebt und kennen-
lernen wollt, als die Schulbücher euch zu bieten in der Lage sind,
für musische und handwerkliche Betätigung und die daraus erwachsende Freude,
für selbst geplante und organisierte Veranstaltungen und Einrichtungen in eurer Schule, die über
das hinausgehen, was sich im Unterricht abspielt,
für die Entwicklung von Selbst- und Mitbestimmung, mit der ihr die Schule zu eurer Sache und
eurem Lebensraum macht und schließlich
für das Werden eurer eigenen Identität mit Haltungen und Überzeugungen und
den Mut zur Übernahme von Verantwortung für das Zusammenleben in der Gemeinschaft eurer
Schule.
Wahrscheinlich fallen euch noch mehr Pflänzchen ein, die in diesen Freiräumen wachsen könnten.
Bitte sehr! Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst und der
Bayerische Landtag haben mit verschiedenen rechtlichen Neuregelungen für die SMV-Arbeit – von der
einzelnen Schule bis zur Landesebene – neue, zusätzliche Möglichkeiten für euch geschaffen. Ein Ge-
setz jedoch macht noch nicht Schule, es schafft zunächst nur den organisatorischen und geistigen
Rohbau. Die Schule selbst, das seid jedoch ihr.
Wir wollen euch mit diesem Handbuch Anregungen und Hilfestellungen für die Arbeit vor Ort – in den
Klassen, in den Schulen, in den Bezirken und im Land – geben. Manches darin soll euch praktische
Hilfe für den SMV-Alltag sein. Anderes mag euch darin unterstützen, eure Interessen mutig zu vertreten
und mit anderen aufrichtig zu kooperieren. Und derjenige, der wissen möchte, wie das alles mit der
SMV begann, wie sie sich weiterentwickelte und welche Rolle sie in einer modernen Schule einnehmen
kann, der findet einige Abschnitte zur SMV in Geschichte und Gesellschaft.
Nun wünschen wir euch für eure Arbeit Mut zum Träumen und Freude im Gestalten –
neugierig, kreativ, engagiert!
Euer ISB-Arbeitskreis „Schülermitverantwortung“