STMUK_Handreichung_Organspende_2021_Web_BF

56 Leber Die Leber ist auf Grund ihrer Funktion als Eiweißproduzent, als „Entsorger“ unerwünschter Moleküle u. a. ein äußerst komplexes Organ. Bisher ist es deshalb noch nicht gelungen, ein System zu entwickeln, das alle diese Leistungen über längere Zeit erfüllen kann. Immerhin gibt es Apparate, die kurzfristig extrakorporal die Entgiftungsfunktion der Leber übernehmen können. Das Verfahren ähnelt dem Dialyseprinzip: Kernstück ist ein Filter mit winzigen Röhrchen, innen fließt das Blut, außen eine Eiweiß-Lösung – es sind dieselben Mole küle, die auch im Körper für die Blutreinigung sorgen. - In Erprobung sind auch Leberzellkulturen, sogenannte Bioreaktoren, die auf kurze Zeit die volle Leberfunktion eines Patienten übernehmen können, bis sich das eigene Organ vom Schaden erholt hat. Bauchspeicheldrüse Patienten mit schwer einstellbaren Zuckererkrankungen können mit Insulinpumpen behandelt werden, die außerhalb des Körpers, vor der Bauchwand angebracht sind. Die Geräte geben das Hormon ab, wenn erhöhte Blutzuckerwerte gemessen werden. Um der Gefahr einer Unterzuckerung zu begegnen, reagieren Insulin pumpen jedoch erst mit einer deutlichen Verzögerung. Im Kindes- und Adoleszentenalter stellen sie zudem eine erhebliche psychische Belastung dar. - 10.2 Xenotransplantation Als Xenotransplantation bezeichnet man die Verpflanzung von tierischen (gr. xenos: fremd, in diesem Fall nicht menschlichen Ursprungs) Zellen, Geweben oder Organen in Menschen. Spenden von nicht-mensch lichen Primaten kommen dabei aus ethischen und auch logistischen Gründen nicht in Frage, möglich sind aber Transplantate von Tieren, die nicht zu den Primaten gehören, zum Beispiel vom Schwein. Als vorteilhaft erweisen sich dabei nahezu identische anatomische Merkmale, eine hohe Nachkommenzahl (zehn bis zwölf Tiere) bei kurzen Tragzeiten (etwa vier Monate), das rasche Wachstum und die nur geringen ethischen Vor behalte. Nachteile ergeben sich aus den entwicklungsgeschichtlich bedingten enormen Differenzen, die sich in mehr als 90 Millionen Jahren getrennter Entwicklungszeit angesammelt haben. ­ - Um xenogene Organtransplantationen erfolgreich zu gestalten, stehen deshalb genetisch veränderte Schweine im Mittelpunkt der Überlegungen. Die genetischen Veränderungen sollen helfen, heftige Abstoßungsreak tionen, Unverträglichkeiten im Gerinnungssystem u. a. zu minimieren oder gar aufzuheben. Damit ist es z.B. schon heute möglich, Herzen bis zu zwei Jahre im Bauchraum (an Blutgefäße angeschlossen, aber ohne Pumpleistung) schlagen zu lassen. ­ Bis zur klinischen Reife sind jedoch Langzeit-Studien mit voll arbeitenden Organen (als Herzersatz) notwendig. Präklinisch weit fortgeschrittene Ergebnisse gibt es mit genetisch modifizierten Hornhäuten, Herzklappen und den Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Letztere können auch mit Polymeren umhüllt (verkapselt) werden. Sie sind damit vor immunologischen Angriffen des Empfängers geschützt, wodurch sich eine Immunsuppression erübrigt. Erste klinische Erfolge mit dieser Technik gibt es bereits. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass bei den Empfängern keine Zoonosen (Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden) nachgewiesen wurden.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODExNDM=