STMUK_Handreichung_Organspende_2021_Web_BF

55 ­ - 10 Ausblick und Entwicklung Etwa 9.000 Patienten – darunter viele Kinder und Jugendliche – befinden sich in Deutschland zurzeit auf Wartelisten für Organtransplantationen. Alleine im Jahr 2018 starben mehr als 800 Menschen, weil Spender organe fehlten. Nach Alternativen zu suchen, ist deshalb eine dringliche wissenschaftliche Aufgabe, im Besonderen gilt dies für Patienten mit terminalem Herzversagen. 10.1 Künstlicher Organersatz Künstliche Organe sind Systeme, die innerhalb oder außerhalb des Körpers die Funktionen von Nieren, Herz, Leber oder Bauchspeicheldrüse u. a. übernehmen. Es handelt sich dabei immer um sehr komplexe, technisch anspruchsvolle Geräte. Allerdings sind auch die heute im klinischen Einsatz befindlichen Konstruktionen immer Kompromisse. Niere Die Hämodialyse (künstliche Niere, vgl. Kapitel 6.1) ist der am längsten im klinischen Einsatz befindliche Organersatz, mit dem es möglich ist, über viele Jahre zumindest die Ausscheidungsfunktion der Niere zu ersetzen. Patienten an der Dialyse haben jedoch eine Morbidität und eine jährliche Letalität, die von Beglei terkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) abhängt und die bis zu 20 Prozent betragen kann. Es wundert deshalb nicht, dass in Metaanalysen von Nierentransplantierten schon nach einem Jahr eine bessere Überlebenschance nachzuweisen ist – ganz abgesehen von der eingeschränkten Lebensqualität von Dialysepatienten. Herz Diese Systeme werden eingesetzt, um bei Schwerstkranken die Wartezeit bis zu einer Transplantation zu überbrücken. In neuerer Zeit dienen sie aber auch vermehrt als Dauerlösung, etwa bei älteren Patienten, die keine Chance mehr besitzen, ein Spenderherz zu erhalten. Die implantierbaren Kreislaufpumpen werden in den meisten Fällen der kranken linken Herzkammer parallel geschaltet. Dabei entnimmt man das Blut der linken Kammer, um es an die Aorta wieder zurück zu geben. Für den Antrieb sorgen kleine Pumpen, die z. B. aus einem Gehäuse mit einer rasch rotierenden Scheibe bestehen. Die Aggregate werden mit elektrischem Strom betrieben. Das dafür benötigte Kabel („drive line“) wird durch die Bauchdecke zur Batterie geleitet, die sich außerhalb des Körpers befindet. Obwohl die mittelfristigen Überlebenschancen nach einem Jahr mit 80–90% sehr gut sind, besteht eine hohe Komplikationsrate mit einer entsprechenden Morbidität. Zu erwähnen sind die Thrombogenität der Systeme (Bildung von Blutgerinnseln auf Grund der noch schlechten Biokompatibilität), die Blutungsneigung (die Patienten benötigen permanent „Blutverdünner“) und die Infektionsgefahr durch die „drive line“. Lunge Zur Versorgung des Körpers mit Sauerstoff bei schweren Funktionsausfällen der Lunge – wenn konventionelle Beatmungsgeräte nicht mehr helfen – werden extrakorporale Membranoxygenatoren angewandt. Dabei wird das Blut des Patienten aus einer Vene durch ein Schlauchsystem zu Membranen geleitet, durch die das Blut Sauerstoff aufnehmen und Kohlenstoffdioxid abgeben kann. Das sauerstoffreiche, entgiftete Blut wird dann wieder in den Körper zurückgeleitet. Künstliche Lungen gibt es mit und ohne Kreislaufpumpen – letztere Systeme dienen der Langzeitunterstützung in der Wartezeit auf eine Transplantation.

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