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D

er Montagmorgen be–

ginnt harmonisch; denn

auf dem Stundenplan

steht "Harmonielehre".

Vollzählig erscheint die Schü–

lerschaft zum Unterricht: gan–

ze 11 Burschen und 4 Mäd–

chen. Aber dieser familiäre

kleine Kreis ist erst die Vor–

hut auf einem neuen Bil–

dungsweg, den Bayern als

erstes Bundesland ausbaut.

Bald soll er nicht nur im nie–

derbayerischen Plattling, son–

dern in allen Regierungsbe–

zirken des Freistaats mit je

einer Schule vertreten sein .

Der neue Schultyp heißt

im Amtsdeutsch "Berufsfach–

schule für Musik" und geht

auf folgende Überlegungen

zurück: Landauf, landab fehlt

es an qualifizierten Laien–

und Kirchenmusikern. Auf

der anderen Seite schlummert

in Bayerns Hauptschulabgän–

gern ein ungehobener Schatz

musikalischer Talente. Da lag

es nahe, eine Schulart ins

Leben zu rufen, die für Aus–

gleich sorgt. Die Rechnung

scheint aufzugehen : Fast täg–

lich treffen an der Neugnin–

dung in Plattling Anmeldun–

gen für das nächste Schul–

jahr ein. Die Einschreibefrist

läuft bis zum 31. Juli. Im

September 1978 öffnet die

zweite dieser Schulen ihre

Pforten, und zwar im ober–

bayerischen Altötting, 1979

die dritte in Sulzbach-Rosen–

berg (Oberpfalz).

Aufgenommen wird, wer

den qualifizierenden Haupt–

schulabschluß mitbringt und

sein musikalisches Talent in

einer Eignungsprüfung nach–

weist. Vor ihr braucht aber

niemand zu zittern. Verlangt

wird in der Hauptsache, daß

der Bewerber ein Instrument

(gleich welches) so gut spielt,

wie man es normalerweise in

einem einzigen Jahr lernt.

Von den

3D

Wochenstunden

Unterricht der neuen Berufs-

fachschu le entfallen fünf auf

Allgemeinbildung (Deutsch,

Sozialkunde usw.) . Alle an–

deren drehen sich um die Mu–

sik : Musikgeschichte, Musik–

literatur, Gehör- und Stimm–

bildung,

Sprecherziehung,

Musiktheorie,

Chorgesang,

Chorleitung usw.

Nummer eins im Stunden–

plan ist der Instrumentalun–

terricht Zwei Instrumente

sind Pflicht, davon eines aber

nur im Nebenfach. Die Wahl

ist grundsätzlich frei, je nach

dem Berufsweg, den der

Schüler einschlagen will. Wer

sich der Volksmusik ver- .

schreibt, wählt etwa Hack–

brett, Zither, Gitarre, Akkor–

deon oder ein Blasinstrument.

Angehende Kirchenmusiker

nehmen Orgel und Klavier.

Der gesamte Unterricht ist

kostenlos. Für bedürftige

Schüler gibt es Zuschuß zum

Lebensunterhalt (BAFÖG).

Nach zwei Jahren endet die

Ausbildung mit ei ner Schluß–

prüfung. Dabei muß der

Schüler z. B. eine Volkslied–

melodie vierstimmig in No–

ten setzen, einen Chorsatz

und einen Instrumentalsatz

einstudieren, Rhythmus- und

Notendiktate meistern. Wer

Klavier als Hauptfach studiert

hat, muß sein Können an ·

zwei Etüden, an Bachs In–

ventionen, einer Haydnso–

nate usw. beweisen.

Wie aber geht es anschli e–

ßend weiter? Gewiß - ein

musikalischer Vollprofi ist

man mit dem Zeugnis der

Berufsfachschule noch nicht.

Dennoch gibt es schon erste

nebenberufliche

Chancen,

und zwar überall, wo in der

Freizeit musiziert wird: als

Leiter eines Gesangvereins,

einer Blaskapelle, einer Ak–

kordeon- oder Flötengruppe,

einer bayerischen Stubenmusi

usw. Solche nebenberufliche

Aufgaben warten auch in vie–

len Kirchengemeinden : Man

springt als Organist ein, als

Vertreter des Chorregenten.

Wer das Abschlußzeugnis

der Berufsfachschule gleich

zur Grundlage für einen

Hauptberuf machen will, be–

wirbt sich als Lehrer an einer

Singschule, geht in den Mu–

sikalienhandel, zum Instru–

mentenbau oder in die Ton–

technik.

Mit dem Abschluß der Be–

rufsfachschule hat man auch

ein solides Fundament ge–

legt, auf dem sich ein Stu–

dium an einer der fünf baye–

rischen Fachakademien für

Musik (früher "Konservato-

Das musikalische Zusammenspiel und der Instrumentalunterricht

nehmen den wichtigsten Platz ein im Stundenplan

der Berufsfachschule für Musik.

Musik Im Blut

und seine

Gitarre gut Im

Griff hat der

sechzehnjäh–

rige Andreas

(Bild links).

An der neuge–

gründeten Be–

rufsfachschule

für Musik in

Plattllng (Bild

unten) kommt

er seinem Ziel,

BerufsmusiJ<'!Ir

zu

werde~

ein schöne:.

Stück näher.

rium" oder "Kirchenmusik–

schule" genannt) aufbauen

läßt. Wer dort als Hauptfach

Volksmusik wählt und die

Aufnahmeprüfung besteht

braucht nicht einmal

c

sonst an Fachakademien un–

verzichtbare "Mittlere Reife"

nachzuweisen. Auch wer von

der Berufsfachschule mit aus–

gezeichneten Noten kommt

und musikalisch hervorragend

begabt ist, braucht diesen

Nachweis nicht, um sich an

einer Fachakademie zum Or–

chestermusiker oder haupt–

amtlichen

Kirchenmusiker

ausbilden zu lassen . Will aber

jemand mit Durchschnittsno–

ten diese höhere Sprosse der

musikalischen Aufstiegsleiter

erklimmen, muß er die "Mitt–

lere Reife " nachholen oder sie

sich schon während der zwei

Jahre Berufsfachschule neben–

her verschaffen, etwa im Te–

lekolleg oder per Fernlehr–

gang. Dann winkt auch ihm

die Ausbildung an einer Fach–

akademie zum Hauptamtli–

chen Kirchenmusiker (Orga–

nisten) , zum Lehrer an einer

Musikschule, zum Orchester–

musiker, Sänger(in), Chorlei–

ter, freien Musikerzieher.