Für andere! Die Erfüllung die–
ser Grundpflicht muß die Ge–
sellschaft von jedem Mitglied
fordern. Auf der anderen Sei–
te aber entspricht dieser
Pflicht das Recht eines jeden,
auch selbst Forderungen an
andere zu stellen, "seine In–
teressen zu wahren" . Nie–
mand muß den Nächsten
mehr lieben als sich selbst.
Jeder darf auch an sich den–
ken . Er darf im Rahmen des
Rechts das durchsetzen, was
er für seinen Vorteil hält und
was ihm hilft, in der erdrük–
kenden Masse der anderen
seine Eigenart zu bewahren.
Diese rechtmäßige Selbst–
erhaltung und Selbstbehaup-
ng ist wichtig zum über–
eben. Sie dient mittelbar
auch wiederum der Allge–
meinheit und ist als liberales
und demokratisches Recht in
vielen Verfassungen festge–
schrieben . Gewiß darf die
Wahrung des eigenen Inter–
esses nicht abgleiten in reine
Selbstsucht.
Hemmungslos
durchgesetzte Interessen, die
auf andere Beteiligte keiner–
lei Rücksicht nehmen, vergif–
ten den Staat, zerstören alle
Zivilisation und Gemeinschaft.
Auch das Übermaß eines
eigentlich gerechten und be–
gründeten Interesses kann
das Leben der Gemeinschaft
stören . Jedem wird gegönnt,
Musik zu machen. Wer aber
in hellhörigen Wänden stun–
denlang Posaune bläst, wird
..,s bald mit den Nachbarn zu
1
.
n bekommen.
Augenmaß
und Riicksicht
Wer auf die eigenen Inter–
essen pocht, muß bereit sein,
auch die berechtigten Wün–
sche seiner Mitmenschen zu
sehen und zu bejahen. Nie–
mand darf nur den winzigen
Ausschnitt seiner eigenen In–
teressen im Auge haben, je–
der muß dafür sorgen, daß
sie im Gleichgewicht bleiben
mit der Selbstbehauptung der
anderen. Diese Grundsätze
gelten auch für die Elternin–
teressen im Schulbereich.
Denn nie treten sie dort iso–
liert auf. Sie finden sich stets
zusammengespannt mit sehr
verschiedenen Interessen an–
derer Personen.
Die obersten, allgemeinen
Grundsätze bei der Gestal–
tung des Schulwesens legen
die Bayerische Verfassung
und die vom Landtag er–
lassenen Gesetze fest. Sie
sind der Rahmen für die Er–
lasse und Verordnungen des
Kultusministeriums. Auf tie–
feren Stufen der Verwaltung
arbeiten dann die Ministerial–
beauftragten, die Bezi rksre–
gierungen und die Schulräte,
die Schulleiter und Lehrer–
konferenzen. Der einzelne
Lehrer entscheidet zuletzt im
Rahmen der Bestimmungen
und auf Grund seiner päd–
agogischen und fachlichen
Kenntnisse die Angelegenhei–
ten, die seinen eigenen Un–
terricht betreffen .
Die Eltern können ihr In–
teresse an der Schule in allen
diesen mannigfach abgestuf–
ten Bereichen zur Geltung
bringen. Die Art und Weise
allerdings ist von Fall zu Fall
verschieden .
Gegenüber dem Gesetzge–
ber, dem Bayerischen Land–
tag, wahren sie ihr Interesse
zum Beispiel durch die aktive
Teilnahme an den demokrati–
schen Wahlen, aber auch
durch Eingaben und Be–
schwerden.
Verstärkerapparat
Damit den Abgeo(dneten,
den Schulämtern, den Be–
zirksregierungen und dem
Ministerium die Wünsche der
Schülereltern von besonders
sachkundigen Leuten nahege–
bracht werden, gibt es in Bay–
ern eigene Elternverbände.
S&W hat sie und ihre Pro–
gramme im Heft 3/4-76 vor–
gestellt. Den einzelnen Eitern
steht es frei, durch den Bei–
tritt zu einer dieser Vereini–
gungen sich das gewünschte
Sprachrohr in der Landespoli–
'tik, sozusagen einen Verstär–
kerapparat für die eigenen
Wünsche, zu schaffen.
Die Elternverbände haben
Sitz und Stimme im Landes–
schulbeirat Dieses Gremium,
dem auch Vertreter der Leh–
rer, der Schüler, der Städte
und Landkreise, der Kirchen
und anderer Gruppen ange–
hören, berät das Kultusmini–
sterium in allen wichtigen
Angelegenheiten. Es
kann
auch von sich aus Verbesse–
rungsvorschläge für das Schul–
wesen machen.
An jeder öffentlichen Schu–
le und an den meisten Privat–
schulen gibt es schließlich den
Elternbeirat, der die Inter–
essen der Erziehungsberech–
tigten an der einzelnen Schu–
le zu wahren und zu pflegen
hat. Er wird demokratisch ge–
wählt von allen Erziehungs–
berechtigten, die Kinder an
einer Schule haben.
Am Ball bleiben
Gibt es an größeren Orten
mehr als nur eine Volksschu–
le, so wird zusätzlich für alle
ein sogenannter "Gemeinsa–
mer Elternbei rat" gebildet.
Seine Aufgabe ist es, das El–
terninteresse überden Bereich
der einzelnen Schule hinaus,
etwa gegenüber der Gemein–
deverwaltung oder gegenüber
dem Schulverband, zu vertre–
ten.
Den Rahmen, in dem El–
tern, Elternbeiräte, Elternver–
bände und der Landesschul–
beirat ihre Ziele verfolgen,
stecken die staatlichen Rechts–
regeln, also die Gesetze, Er–
lasse und Verordnungen. Die
wichtigsten davon stehen im
Volksschulgesetz, in der All–
gemeinen Schulordnung und
in den Ergänzenden Bestim–
mungen dazu.
Der Aufgabenbereich des
Elternbeirats einer Schule ist
groß, aber nicht grenzenlos.
Gewiß gehören dazu diejeni–
gen Interessen, die sich auf
die Erziehung und Bildung
der Schüler beziehen. Das
schließt sämtliche Unterrichts–
veranstaltungen ein, aber auch
Studienfahrten, Wandertage,
freiwillige
Arbeitsgemein–
schaften usw. Auch der Schul–
weg gehört in das Interessen–
gebiet des Elternbeirats: War–
um fährt der Schulbus erst 30
Minuten nach Schluß der letz–
ten Unterrichtsstunde ab?
Kann eine gefährliche Kreu–
zung in der Nähe der Schule
nicht durch einen Fußgänger–
überweg entschärft werden?
Der Elternbeirat darf und
soll sich einschalten, wenn
zum Beispiel wegen einer
Geruchsbelästigung durch ei–
ne nahe Fabrik die Fenster
der Klassenzimmer nicht ge-
was
öffnet werden können. Auch
der zu erwartende Verkehrs–
lärm einer geplanten Schnell–
straße wird ihn mobilisieren.
Nicht in seinAufgabengebiet
fallen dagegen alle Angele–
genheiten, die mit der Schule
nichts zu tun haben: Reklame
für verkäufliche Waren und
Markenartikel ,
Propaganda
für politische Pa .. rteien, Ver–
eine und Weltanschauungen.
Tabu ist auch jede Form ei–
ner auf Gewinn gerichteten
wirtschaftlichen Betätigung.
Ob es um den Verkauf von
Schulranzen oder um den Ab–
schluß einer HaftpflichtvE:rsi–
cherung geht: All das bleibt
draußen vor der Schultür und
damit auch vor dem Sitzungs–
zimmer des Elternbeirats;
denn es hat mit der rechtmä–
ßigen
Interessenwahrung
nichts zu tun.
Keine "Ouasselbude"
Der Elternbeirat ist keine
"Quasselbude", in der nur
über Gott und die Welt her–
umgeredet wird. Er wendet
sich den konkreten Proble–
men zu, die mit dem Betrieb
seiner eigenen Schule zu tun
haben . Für alles andere schal–
tet er den Gemeinsamen El–
ternbeirat ein, den Landes–
schulbeirat, den Eingabe- und
Beschwerdeausschuß
des
Landtags usw. Der Elternbei–
rat behandelt Interessen, die
für die jeweilige .Schule von
allgemeiner Bedeutung sind,
die also die Schülerschaft ins–
gesamt oder ganze Klassen
angeht. Manchmal wird sich
der Elternbeirat aber auch mit
Einzelfällen aus.einanderset–
zen. Dann nämlich, wenn
diese auch für einen größe–
ren Kreis von Schülern wich–
tig sind oder werden könn–
ten.
Um das Interesse einzelner
Schüler muß sich . der El–
ternbeirat stets bemühen,
wenn ihn die Eltern darum
bitten . Die Eltern können also
selbst entscheiden, ob sie
eine Angelegenheit, die nur
sie alleine betrifft, mit oder
ohne fremde Hilfe regeln
wollen. Wie auch immer: Der
Elternbeirat steht für sie mit
seinein Sachverstand als Rat–
geber und Interessenvertre–
ter auf jeden Fall bereit.
•
gemeint ist.
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