Fortsetzung von Seite 7
Gymnasium - das heißt al–
so Vorschule der Wissen–
scha ft. Hi er führen universi–
tätsgebildete Lehrer - jeder
ein Fachwissenschaftler - d1e
Jugend ein in di e Weit der
Natur- und Soz1alforschung,
der Kunst der Literatur und
der
Spra~hen .
Auf Wissen–
schaft ausgerichtetes Lernen
zielt nicht auf unmi ttelbare
Nutzanwendung im Alltag.
Lateini sche Vokabeln, mathe–
mati sche Formeln, hi storische
Daten werden ni cht gelehrt,
um die jungen Köpfe mit
Wi ssen vollzustopfen. Das
Lernziel des Gymnasiums li eg t
auf ei ner ganz anderen
Ebene.
Der Satz des Pythagoras,
die Einsteinsehe Formel , der
latei ni sche Akku sativ mit ln-
"Der Gym–
nasiast
lernt viel.
Nicht alles
kann er in
der Praxis
nutzen.
Trotzdem
profitiert er davon; denn
wer sich mit geistigen
Problemen auseinander–
setzt, lernt denken."
Dr. Karl Heinz Schwab, Professor
für bürgerliches Recht und
Zlvil–
prozeßrecht, Abitur
1938
am Humani–
stischen Gymnasrum
finitiv oder Luthers Thesen
- das all es ist nicht nur für
sich interessa nt. Aber es
geht um mehr. Im Umgang
mit so lchen Sto ffen lernt der
Gymnasiast Zusammenhänge
erken nen und erschli eßen,
abstrakt denken, selbständi g
urteilen - die Grundlagen
wissenschaftlicher Arbeitswei–
se. Das beginnt in den All–
fangsklassen durchaus kind–
gemäß. Im Laufe der Jah–
re aber wachsen die Kräfte,
und im Leistungskurs der
Kollegstufe atmet der
Schül~r
schon wissenschaftli che Ho–
henlu ft.
Das .Gymnasium schult
ni cht nur den Versta nd, strebt
nicht nur intellek tuelle Hoch–
form an. Es geht aufs Ganze.
Es zielt auf den ganzen Men–
schen und schließ t seine Per–
sönli chkeitsbil dung mit ein.
Daher pfleg t es auch Kun st
und Sport, Phil osophi e und
Religion.
ln der bayerischen Bil–
dungslandscha f t hat das Gym-
8
Nach dem Abitur wurde
"
ich Berufssoldat und
studierte an der Akademie
des Heeres Ingenieurbau.
Dabei konnte ich meine
Schulkenntnisse vom
Gymnasium
gut verwerten."
Werner Eidt, Hauptmann bei der
Bundeswehr, Abitur
1964
am
Mathemati sch-naturwissenschaftl1chen
Gymnasium
nasium ei ne lange und rei–
che Geschichte. Heute zäh–
len wir fast 400 so lche r Schu–
len an 230 O rten im Frei–
staat.
17
000 Lehre r unter–
richten in ihnen über 300 000
Schüler. Rund
18
000 Abitu–
rienten verließen
1977
mit ih–
rem wissenschaftlichen Rü st–
zeug das Gymnasium.
Für manche Eitern verbirgt
sich hinter dem Portal des
Gymnasiums ei n nicht immer
leicht durchschaubares Gebil–
de. Tatsächlich hat seine
Innena rchitektur" manchen
Wandel erl ebt. Neben dem
früher allein herrschenden
Humani stischen Gymnasium
haben sich fünfweitereSchul–
typen entwi cke lt. Allen ge–
mei nsam sind diese tragen–
den Säulen: Deutsch, Fremd–
sprachen, Mathematik und
Naturwissenschaften,
Ge–
meinschaftskunde, musische
Fächer. Im "Unterbau"- also
in den Kl assen 5 bi s 8 - sind
diese Säulen in jedem Gym–
nasi um gleich stark. Abe r von
der 9. Klasse an entfalten die
"Mein
Schulweg
führtemich
- zunächst
in die Wirt–
schafts–
schule. Mit
dem Zeugnis der Mitt–
leren Reife trat ich in die
11. Klasse des Gymna–
siums ein und lernte dort
schon viel für meinen
späteren Beruf."
Steffen Kuchenreuther, Diplom–
Kaufmann, Abitur
1967
am Wirtschafts–
wissenschaftlichen Gymnas1um
einzelnen
Ausbildungsrich–
tungen ih re ve rschi edenen
Profile.
1.
Humanistisches Gyrnna–
sium :
Gri echen und Römer
haben die Grundlagen für ,die
europäi sche Kultur, Wirt–
scha ft und Politik geschaffen.
Nicht zufällig stammen Be–
griffe wie UrJ'iversität, Musik,
Ökonomi e oder Republik
aus dieser gesch ichtli chen
Epoche. Daher verfolgt .das
Humanistische
Gymnas1um
di e Probleme der modernen
Welt zurück bis zu ihren
Wurze ln in der Antike. Ne–
ben Latein und Gri echisch
lernt der Humani st aber auch
eine moderne Fremdsprache,
nämlich Englisch .
2.
Neuse.rachliches Gymna–
sium :
Diese Schule ve rl angt
'äi'Sf:remdsprachen Englisch,
Latein und Französisch. Ihr
Schwerpunkt: DerSchülersoll
die Kultur und die Denkwe1-
"Geschich·
te und
Erdkunde
gehörten
zu meinen
Lieblings–
fächern im
Gymna–
sium. Das Abitur gab mir
die Möglichkeit, meine
Kenntnisse von der baye–
rischen Landeskunde
und Landesgeschichte an
der Universität wissen–
schaftlich zu vertiefen."
Dr. Hans Frei , Heimatpfleger des
Bezirks Schwaben, Abitur
1957
am
Neusprachlichen Gymnasium
se unserer europäischen Nach–
barn kennenlernen und ver–
stehen.
3.
Mathematisch-naturwis–
senschaftliches
~Y.mnasium:
Immer neue Erkenntnisse
der Naturwissenschaften be–
schleuni gen Entwi cklung und
Fortschritt auf ein atembe–
raubendes Tempo. Das Ma–
thematisch-naturwi ssenschaft–
liehe Gymnasium hält hier
Schritt. Anstelle einer dritten
Fremdsprache verstärkt es
den Unterricht in Mathema–
tik, Physik und Chemi e.
4.
Musisches GY.mnasium:
Talentierte Schüler finden
hi er eine Schule, di e mu si–
sche Begabungen nützt und
fördert. · Im Unterschied zu
allen anderen Ausbildungs-
"Studieren
wollte ich
nicht.
Daherging
ich gleich
nach dem
Abitur in
einen
Beruf,
..
~~--:---'
wo ich viel von_.dem ein-
setzen kann, was ich in
der Schule gelernt habe. "
Brigitta Hader,
Steu~rinspektorin ,
Abitur
1974
am Sozial,wissenschaft–
lichen Gymnasium
richtungen ist Musik Vorrük–
kungsfach. Schon beim Uber–
trittsverfahren zählt die Mu–
siknote. Außerdem bietet das
Musische Gymnasium mehr
Unterricht in Kunsterziehung
und Deutsch. Seine Fremd–
sprachen sind Latein un
Englisch.
5.
Wirtschaftswissenschaft–
liches GY.mnasium :
Es legt
mehr Gewicht auf den Unter–
richt in Wirtschafts- und
Rechtslehre. Die verti eften
Kenntni sse in diesem Be–
reich wendet der Schüler im
Fach " betri ebswi rtschaftl iehes
Rechnungswesen" an.
6.
Sozialwissenschaftliches
CY.mnasium:
Diese Schule für
M ädchen verbindet mit ver–
stä rkter Sozialkunde sozial–
pflegerische Übungen. Das
Fa ch Haushalts- und Wll't–
schaftskunde wird ergänzt
durch mehr Unterricht in
Chemie und Biologie.
Wenn Eitern ihr Kind im
Gymnasium anmelden, müs–
sen sie sich noch ni cht end–
gü ltig auf ei ne bestimmt
Ausbildungsrichtung
festl
gen. Die Gymnasialtypen un–
terscheiden sich nämlich in
den Klassen 5 bi s 8
den Fremdsprachen.
.
"Für mich
stand
schon sehr
früh fest,
daßich
einmal
Musik stu–
dieren
wollte.
Daher wählte ich das
Musische Gymnasium.
Dieser Schultyp konnte
meine Begabung am
besten fördern."
Hans Joachim Erhard,
Lehrbeauftragter an einer Musik–
hochschule, Organist, Cembalist,
Abitur
1968
am Mus1schen
Gymnasium