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W

enn Stefanie und Nadine „Ar–

min-Dienst" haben, sind sie

nicht nur dafür verantwort–

lich, daß ihr Klassenkamerad rechtzei–

tig zu Stundenbeginn seine Bücher

und Hefte vor sich liegen hat, sie hal–

ten ihm auch die Türen auf, wenn die

Klasse den Raum wechselt oder die

übrigen Schüler in die Pause stürmen .

Denn Armin, der seit seiner Geburt an

Muskelschwund leidet, kann sich nur

mit Hilfe eines elektrischen Rollstuhls

fortbewegen .

Nicht jede öffentliche Schule ist für

die Aufnahme von körperbehinderten

Schülern so gut vorbereitet wie das

Münchner Dante-Gymnasium, das

A.r–

min, mittlerweile in der Jahrgangsstufe

11, seit der fünften Klasse besucht: Es

gibt Anfahrtsrampen für Rollstuhlfah–

rer, drei Lifte, einen eigenen Aufent–

halts- und Erholungsraum mit Auflade–

möglichkeit für Rollstuhlakkus und ei–

nem eigenen Telefonanschluß, außer–

dem behindertengerechte Toiletten in

allen Stockwerken, in der Höhe ver–

stellbare

Tisch~

und besondere Sitz–

möbel; für alltägliche Hilfeleistungen

steht halbtags eine Krankenpflegehel-

„Die Arbeitszeitverlängerung ist ge–

rade bei Kindern mit spastischen Läh–

mungen enorm wichtig", betont Ober–

studienrat Ludwig Huber, der die kör–

perbehinderten Schüler am Dante-Gym–

nasium betreut. „Wenn sie wissen, daß

sie noch ein bißchen 'Luft' haben, ver–

krampfen sie sich nicht so leicht und

sind dadurch eher in der Lage, ihr

WENN BEHINDER'IE KINDER

DIE NÖTIGEN VORAUS–

SETZUNGEN MITBRINGEN

UND DER SCHULAUF–

WANDSTRÄGER ZUSTIMMT,

KÖNNEN SIE GRUND–

SÄTZLICH JEDES GYMNASIUM

IN

BAYERN

BESUCHEN.

MANCHE SCHULEN SIND

FÜR

DIE AUFNAHME VON

Gemeinsam

zur Reifeprüfung

ferin zur Verfügung.

Ursprünglich als Modellversuch ein–

gerichtet, ist die Integration von Kör–

perbehinderten am Dante-Gymnasium

ebenso wie am Leibniz-Gymnasium in

Altdorf bei Nürnberg zur festen Institu–

tion geworden. Behinderte und Nicht–

behinderte besuchen in diesen Schu–

len die gleiche Klasse, haben die glei–

chen Lehrer und schreiben die glei–

chen Schulaufgaben. Allerdings kann

das Lehrerkollegium, je nach Art und

Grad der Behinderung, bei Prüfungen

eine Arbeitszeitverlängerung von bis

zu 25 Prozent zugestehen . Außerdem

gibt es die Möglichkeit, die mündliche

Leistung stärker zu gewichten .

12 SCHULE

aktuell

KÖRPERBEHINDERTEN,

SCHWERHÖRIGEN

UND

SEH–

GESCHÄDIGTEN SOGAR

BESONDERS AUSGESTATTET.

Können auch wirklich zu Papier zu

bringen ." Seiner Erfahrung nach er–

zieht die Anwesenheit von körperbe–

hinderten Kindern die Nichtbehin–

derten zu Rücksicht, Verständnis und

Menschlichkeit. So sei es nicht zuletzt

auch Ziel der Integration, daß die

Schüler akzeptieren lernen, daß man–

chen ihrer körperbehinderten Klassen–

kameraden Sonderkonditionen bei ei–

ner Schulaufgabe eingeräumt werden .

Marianne Taffanek, die, obwohl

durch Muskelerkrankung körperlich be–

einträchtigt, letztes Jahr am Dante–

Gymnasium ihr Abitur ablegte und

mittlerweile Medizin studiert, hat da

ihre eigenen Erfahrungen . „Es wurde

mir schon mal vorgeworfen, daß ich

nur deswegen so gute Noten hätte,

weil ich mehr Zeit bekam", erinnert

sie sich. Auf der anderen Seite hält

sie es nach wie vor für w ichtig, als Be–

hinderte frühzeitig mit der gesell–

schaftlichen Wirklichkeit konfrontiert