LASSTDER
LINKEN IHREN
Zehn Prozent un–
serer Kinder kom–
men als Linkshän–
der zur Welt. Weil
alle Welt rechts–
"
händig eingestellt
ist, haben sie es
schwer im leben.
Generationenlang
wurden sie umer-
zogen. Meist ge–
waltsam und ohne
Rücksicht auf die
Folgen. Heute
denkt man anders.
Bei der Einschulung im Herbst
war Peter ein gesundes, fröhli–
ches Kind. Aber jetzt, nach
dem ersten Halbjahr, machen
sich seine Eitern Sorgen. Schon
seit Wochen wirkt der Sechs–
jährige unruhig. Er zappelt,
macht fahrige Bewegungen.
Das Schlimmste aber: Er be–
ginnt zu stottern.
Weil ihnen dafür jede Erklä–
rung fehlt, wenden sich die Ei–
tern an eine Erziehungsbera–
tungsstelle. Nach wenigen
Tests kommen die Fachleute
dort dem Problem auf die Spur.
Bei Peter liegt der klassische
Fall einer keineswegs seltenen
Störung vor. Sie tritt immer wie–
der dann auf, wenn linkshändi–
ge Kinder zum Rechtshänder
umgewöhnt werden .
Genau das war mit Peter ge–
schehen . Von klein auf Links–
händer, hatte er in der Schule
zusammen mit den anderen
Kindern begonnen, rechtshän–
dig zu schreiben : Ein mißglück–
ter Versuch, der zu Sprachstö–
rungen und Unruhe führte.
Dabei hätten Peters Eitern
dem Buben die Beschwerden
und sich selbst die Sorgen spa–
ren können . Schon vor einigen
Jahren hatten sie nämlich seine
Neigung beobachtet, vieles mit
der linken Hand zu verrichten .
Der Gedanke, die Lehrerin
bei der Einschulung auf diese
Veranlagung hinzuweisen , kam
ihnen leider nicht. Darum be–
gann Peter wie die anderen
Abc-Schützen, mit der Rechten
das Schreiben zu versuchen .
Was aber bei seinen Kamera–
den angebracht war, ging bei
ihm wider die Natur.
Unruhe, fahrige Bewegun–
gen, Stottern wurden zu Alarm–
zeichen. Höchste Zeit für den
Gang in die Beratungsstelle!
Seitdem der Befund "Linkshän–
der" feststeht, darf Peter in der
Schule mit der linken Hand
schreiben. Sachkundig unter–
stützt ihn dabei die Lehrerin.
Der Erfolg stellt sich schon
nach kurzer Zeit ein. Peters Un–
ruhe schwindet, bald stottert er
nur noch selten.
Nicht alle linkshändigen Kin–
der finden so viel Verständnis.
Noch immer werden viele von
ihnen mehr oder weniger ge-
Rechts-
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waltsam zu Rechtshändern um–
erzogen; denn unsere Weit ist
nun einmal rechtshändig.
Scheren, Schälmesser, Füll–
federhalter, Korkenzieher, Ge–
windeschrauben, Fotoappara–
te, Münzfernsprecher und Be–
dienungshebel an Maschinen
sind allesamt für Rechtshänder
konstruiert.
Diese Umwelt stempelt den
Linkshänder zum Außenseiter.
Das hat eine lange Tradition,
reicht bis zum Aberglauben .
Eine Katze, die von links über
den Weg läuft, bringt Unglück.
Der Eid mit der Linken gilt als
falsch.
Hexen erkannte man jahr–
hundertelang daran, daß sie
das Kreuz mit der linken Hand
schlugen . Und stehen nicht so–
gar beim Jüngsten Gericht die
Guten zur Rechten Gottes, die
Bösen aber zu seiner Linken?
Der Makel des Unnormalen
haftet dem Linkshänder bis in
unsere Tage an. Da nützt auch
der Hinweis auf berühmte Vor–
gänger wie Leonardo da Vinci
und M ichelangelo, Cäsar und
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