In einer modernen
Armee dominiert
nicht der Waffen–
dienst. Der Umgang
mit technischem Gerät,
mit Maschinen und
Motoren überwiegt.
B
eim Wort Wehrdienst
denkt jeder zuerst ans
Marschieren und Exerzie–
ren, ans Strammstehen
und Griffeklopfen, an Betten–
bau,
Spindordnung
und
Schießausbildung, an den pol–
ternden Spieß beim Stubenap–
pelL
Aber der Korniß in dieser
Form ist ein Kind der Karikatur.
Zu keiner Zeit deckte sich das
Klischee mit der Wirklichkeit.
Heute weniger denn je. Leider
spukt das Zerrbild des 08/15-
Soldaten noch immer in vielen
Köpfen, trübt den Blick für die
Wirklichkeit.
Wer indes die Scheuklappen
abnimmt und das Soldatenle–
ben so sieht, wie es heute tat–
sächlich ist, der entdeckt inter–
essante Einzelheiten . Dazu ge–
hört vor allem die Beobach–
tung, daß nur. etwa ein Viertel
der Dienstgeschäfte in der Bun–
deswehr Waffendienst ist.
Die militärische Ausbildung,
so wichtig sie genommen wird,
stellt nur den kleineren Teil der
Ausbildung dar. Der bei wei–
tem größere Rest besteht aus
Tätigkeiten, die "zivil verwert–
bar", das heißt auch außerhalb
der Kaserne in der freien Wirt–
schaft gefragt sind.
Dieser Teil des modernen,
von der Technik geprägten Sol–
datenlebens wird in der Öffent–
lichkeit noch zu wenig gewür–
digt. Dabei genießt er bei der
Bundeswehr selbst die größte
Aufmerksamkeit. Eine moderne
Armee ist ohne Elektronik, oh–
ne Fahrzeuge, Maschinenpark
und Motoren nicht vorstellbar.
Zur Wartung und Bedienung
der Geräte braucht man Hun–
derttausende hochspezialisierte
Fachleute und Techniker.
Das bei der Truppe erworbe–
ne Wissen und der technische
Sachverstand dieser Speziali–
sten kommen aber nicht nur der
Schlagkraft der Armee zugute.
Gleichzeitig liegt darin auch
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die Gewähr
dafür, daß die
Militärdienst–
zeit nicht zur
verlorenen Zeit
wird. Kehren nämlich die Sol–
daten nach den aktiven Jahren
wieder ins Zivilleben zurück,
finden sie mit Hilfe ihres tech–
nischen "know how" in der
Wirtschaft ohne Schwierigkeit
den beruflichen Anschluß und
gute Zukunftschancen.
Für diese Aufgabe der Wie–
dereingliederung ihrer ausge–
schiedenen Soldaten ins zivile
Berufsleben wird die Bundes–
wehr auch an der Bildungsfront
aktiv. Leider ist das ebenfalls
noch viel zu wenig in der Öf–
fentlichkeit bekannt. Wer weiß
schon, daß die Bundeswehr ei–
gene Fachschulen betreibt -
sechs davon in Bayern (siehe
Karte Seite 10) -, daß Soldaten
dort die "Mittlere Reife" oder
den "qualifizierenden Haupt–
schulabschluß" machen, sogar
das Abitur nachholen können?
EinHeervon
Fachleuten
Bundeswehrsoldaten werden
zu geprüften Betriebswirten
und Sozialpädagogen ausgebil–
det. Der Lehrgang "Verwal–
tung" öffnet ihnen das Tor zur
lnspektorenlaufbahn, d. h. in
den gehobenen Beamtendienst
Die Berufsförderung der Bun–
deswehr bereitet auch auf die
Gesellen- und Meisterprüfung
vor, und zwar in Dutzenden
von Handwerkerberufen.
Dieses reichhaltige Bildungs–
angebot macht die Bundeswehr
vor allem den vier Jahre und
länger dienenden "Soldaten auf
Zeit". Mit höherer beruflicher
Qualifikation und mit Bildungs–
abschlüssen, die sie vor dem
Eintritt in die Bundeswehr nicht
hatten, sollen sie ins Zivilleben
zurückkehren, um dort gut ge–
rüstet in der freien Wirtschaft
ihre Berufskarriere
fortsetzen zu können .
Ab einer Verpflichtungsdauer
von sechs Jahren bietet die
Bundeswehr den kostenlosen
Besuch dieser Fachschulen mit
ihren vielfältigen Bildungsab–
schlüssen an . Weit mehr als
eine Viertelmillion Soldaten ha–
ben bis jetzt die Chance schon
genützt. Das bezeugen Jahr für
Jahr Tausende erfolgreicher Ab–
schlußprüfungen. Solche Zah–
len können sich sehen lassen
und rechtfertigen auch die Be–
.triebskosten: pro Jahr und Stu–
dienplatz immerhin 5000 DM.
An diesen insgesamt 30 Bun–
deswehrfachschulen unterrich–
ten staatlich geprüfte Lehrer
nach einheitlichen Lehrplänen
und Lehrbüchern . Unter den
vielen Bildungsgängen ist für
jeden etwas dabei - ganz
gleich welchen Schulabschluß
er mitbringt.
Für den Schulbesuch werden
die Soldaten auf Zeit vom
Dienst in der Truppe freige–
stellt. Ein Soldat, der sich zum
Beispiel für 12 Jahre verpflich–
tet, hat nur zehneinhalb Jahre
aktiven Dienst zu leisten . An–
schließend bezieht er die Bun–
deswehrfachschule und läßt
sich dort für das Zivilleben hö–
herqualifizieren - selbstver–
ständlich bei vollem Gehalt.
Bei einer Verpflichtungszeit
von acht Jahren kann das letzte
Dienstjahr für den Schulbesuch
verwendet werden. Soldaten,
die sich für sechs Jahre ver–
pflichteten, besuchen die Bun–
deswehrfachschule erst im An–
schluß an die aktive Zeit.
Zu welchen Bildungsab-
schlüssen führen nun die Lehr–
gänge an den Bundeswehrfach–
schulen? Den Löwenanteil neh–
men solche Kurse ein, die über
den einfachen Volkschulab–
schluß hinausführen :
Noch zu wenig
bekannt: Die
Bundeswehr hilft
länger dienen–
den Soldaten
beim Start ins
Zivilleben.
e
Da ist zunächst der halbjäh–
rige Grundlehrgang zu nennen .
Ihn besuchen Soldaten, die für
ihren angestrebten Zivilberuf
den qualifizierenden Haupt
schulabschluß brauchen.
e
Der
Fachschulreife-Lehr–
~
setzt eine abgeschlossene
Berufsausbildung voraus, die
entweder vor dem Eintritt in die
Bundeswehr oder während der
Dienstzeit erworben wurde. ln
zwei Halbjahren ist das Ziel
"Fachschulreife" erreicht. Da–
mit besitzen die Soldaten eine
Voraussetzung für den Eintritt
in die mittlere Beamtenlauf–
bahn .
e
Der
Realschui-Lehrgang
führt in zwei Halbjahren zur
"Mittleren Reife". Ein halbjähri–
ger Vorkurs erleichtert solchen
Soldaten den Einstieg, die nur
den einfachen Hauptschulab–
schluß mitbringen . Wie die
Fachschulreife ist auch die
"Mittlere Reife" eine Vorausset–
zung für die Beamtenlaufbahn.
e
Auf dem Fachhochschulrei
fe-Lehrgang qualifizieren sich
Soldaten, die schon berufliche
Praxis und Bildungsabschlüsse
wie Fachschufreife oder "Mitt–
lere Reife" haben, in nur einem
Jahr für ein Ingenieurstudium
an einer Fachhochschule.
e
Der Aufbaulehrgang Ver–
waltung führt Soldaten mit
Hauptschulabschluß und beruf–
licher Praxis in drei Halbjahren
zum Eintritt in die Inspektoren–
laufbahn . Ein Vorbereitungs–
kurs erleichtert auch hier den
Start.
Da alle diese Lehrgänge der
Bundeswehrfachschulen auf–
einander abgestimmt sind, las–
sen sich je nach den individuel–
len Wünschen und den ange–
strebten Berufszielen der Solda–
ten mannigfache Kombinatio–
nen zusammenstellen . Wer
zum Beispiel den Lehrgang
"Fachschulreife" durchlaufen
hat, kann anschließend in Rich–
tung ,,Fachhochschulreife" und