Mittelschule und Wirtschaftsschule
Kooperation der Mittelschule mit der Wirtschaftsschule

Um die Aussichten der Jugendlichen auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern, gibt es die Möglichkeit der Kooperation zwischen der bayerischen Mittelschule sowie der drei- bzw. vierjährigen Form der Wirtschaftsschule.
Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu
Wie stehen die Wirtschaftsschule und die bayerische Mittelschule zueinander?
Für die Weiterentwicklung der Hauptschule war die Intensivierung des Praxisbezugs und der Berufsorientierung besonders bedeutsam. So entstanden im Rahmen der früheren Hauptschulinitiative immer wieder Modelle, die sich am Bildungskonzept der Wirtschaftsschule orientiert haben. Grund hierfür ist, dass sich den Absolventen der Wirtschaftsschule gerade im Bereich Wirtschaft und Verwaltung nachweislich beste Chancen auf dem Ausbildungsstellenmarkt eröffnen.
Das Konzept der bayerischen Mittelschule gründet auf den Erfahrungen der Hauptschulinitiative. Die Mittelschule weist daher folgende Merkmale auf:
- drei berufsorientierende Zweige: Technik, Wirtschaft, Soziales,
- ein Ganztagsangebot,
- ein Angebot, das zum mittleren Schulabschluss führt auf dem Niveau der Real- und Wirtschaftsschule.
Letztgenanntes Merkmal legt eine Partnerschaft mit der Wirtschaftsschule nahe, und es ist möglich, das bewährte und traditionsreiche Bildungsangebot der Wirtschaftsschule im Original in das Konzept der Mittelschule einzupassen.
Die bayerische Wirtschaftsschule ist in der deutschen Bildungslandschaft eine Besonderheit. Sie ist die einzige berufliche Schule, die im Sekundarbereich I angesiedelt ist. Das Bildungsangebot der Wirtschaftsschule verbindet eine solide Allgemeinbildung mit einer praxisnahen kaufmännischen Grundbildung, die den Schülern beispielsweise durch die Fächer „Betriebswirtschaftliche Steuerung und Kontrolle“ und „Übungsunternehmen“ kompetenzorientiert und fächerübergreifend vermittelt wird. Zudem führt die Wirtschaftsschule zum mittleren Schulabschluss. Mit diesem Bildungsangebot und dem eingeführten Markennamen kann die Wirtschaftsschule zu einer attraktiven Partnerin der neuen bayerischen Mittelschule werden.
Was ist das Ziel der Kooperationen?
Eine Kooperation zwischen Mittelschule und Wirtschaftsschule soll das bestehende bayerische Schulsystem weiterentwickeln, indem beispielsweise die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen beider Schularten verbessert und die Zahl der mittleren Schulabschlüsse erhöht wird. Dabei besteht das wichtigste Ziel darin, die Chancen der Jugendlichen auf dem Ausbildungsstellenmarkt zu verbessern. Dies kann durch die berufliche Kompetenz der Lehrkräfte an Wirtschaftsschulen und deren Marktkenntnis besonders effektiv gelingen. Mittelschülerinnen und -schüler, die einen Ausbildungsberuf im Bereich Wirtschaft und Verwaltung anstreben, können so gezielt, begabungsgerecht und profilorientiert gefördert werden.
Von diesem Kooperationsmodell können beide Schularten gleichermaßen profitieren: die Mittelschule, weil durch die Kooperation mit der Wirtschaftsschule für ihre leistungsstarken Schülerinnen und Schüler mit wirtschaftlicher Orientierung ein zusätzliches Angebot eröffnet wird, das von der Wirtschaft besonders geschätzt wird; die Wirtschaftsschule, weil sich der erfolgreiche Markenname dieser Schulart weiter verbreiten wird.
Die Kooperationen entstehen durch die Neugründung von Wirtschaftsschulen in den Räumen der Mittelschule bzw. durch die Einrichtung von Klassen der drei- (Jahrgangsstufen 8 bis 10) bzw. vierstufigen Form (Jahrgangsstufen 7 bis 10) durch bestehende Wirtschaftsschulen in den Räumen der Mittelschule. Darüber hinaus können Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise die Jahrgangsstufe 8 oder 9 der Mittelschule besuchen, gezielt individuell gefördert werden, sodass sie auch in die Jahrgangsstufe 9 oder 10 des Kooperationsmodells Mittelschule und Wirtschaftsschule übertreten können, wenn sie die entsprechenden Aufnahmebedingungen erfüllen.
Darüber hinaus bieten sich weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit, wie einige Beispiele verdeutlichen: So könnten interessierte Mittelschüler an profilbildenden Unterrichtsangeboten der Wirtschaftsschule (z. B. der Übungsunternehmen) partiell teilnehmen und ein entsprechendes Zertifikat erwerben. Auch außerhalb des Unterrichts ist eine Zusammenarbeit denkbar, wenn Fachräume und Sportanlagen gemeinsam genutzt werden und die Ausgestaltung des Schullebens miteinander erfolgt. Mittelschule und Wirtschaftsschule können zusammen Intensivierungskurse konzipieren und anbieten, z. B. zur Deutschförderung, in musischen Fächern und im Bereich Sport sowie in Wahlfächern.
Was sind die Grundzüge der Kooperationen?
Für das Kooperationsmodell sind folgende Aspekte wesentlich:
Allgemeine Aspekte
Beide Schularten - Mittelschule und Wirtschaftsschule - bleiben beim Kooperationsmodell eigenständig. Berufliche Partnerschule kann eine bereits bestehende Wirtschaftsschule oder eine neu zu gründende Wirtschaftsschule sein, die dann mit einer Berufsschule organisatorisch verbunden ist. In beiden Fällen wird die Wirtschaftsschulklasse in den Räumen der Mittelschule betrieben.
Der Einzugsbereich der Klassen der Wirtschaftsschulen, die im Gebäude derMittelschule angesiedelt sind, reicht über den Sprengel der Mittelschule hinaus. Für die Schülerbeförderung ist der nach dem Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulwegs bezeichnete Aufgabenträger zuständig.
Schulorganisatorische Aspekte
Die Wirtschaftsschulklasse im Gebäude der Mittelschule wird nach der Schulordnung für Wirtschaftsschulen (WSO) geführt, sodass ihre Schüler der Wirtschaftsschule angehören. In die Wirtschaftsschulklasse kann aufgenommen werden, wer die Aufnahmebedingungen für die drei- bzw. vierstufige Wirtschaftsschule erfüllt oder die Zugangsvoraussetzungen nach der Mittelschulordnung für die Aufnahme in die M-7 des M-Zuges der Mittelschule vorweisen kann.
Der Unterricht in der Wirtschaftsschulklasse im Gebäude der Mittelschule wird nach den entsprechenden Lehrplänen der Wirtschaftsschule sowohl von Lehrern der Mittelschule als auch der Wirtschaftsschule erteilt. Dabei orientiert sich der Einsatz der Lehrkräfte nach dem beruflichen Bezug der Fächer. Die wirtschaftskundlichen Fächer werden von Lehrkräften der beruflichen Schule im Rahmen ihrer entsprechenden Lehrbefähigungen unterrichtet. Lehrkräfte der Mittelschule werden in den allgemein bildenden Fächern eingesetzt, vorausgesetzt, dass das Fach, in dem sie eingesetzt werden sollen, ihrem studierten Unterrichtsfach entspricht.
Den Kooperationen liegt folgende Stundentafel mit Lehrereinsatz zugrunde:

Welchen Schularten nützt die Partnerschaft?
Die beteiligten Schularten können aus dem Kooperationsmodell gleichermaßen Nutzen ziehen.
Mittelschule
Die Stärkung der Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen beider Schularten und das Angebot eines wohnortnahen Wirtschaftsschulabschlusses steigert die Attraktivität der Mittelschule und somit des Mittelschulstandortes. Die Schülerinnen und Schüler können in ihrem vertrauten Umfeld, in ihrer gewohnten Schulfamilie verbleiben, und ein Teil der Lehrkräfte steht als Bezugsperson im Lern- und Erziehungsprozess weiterhin zur Verfügung. Hinzu kommt, dass sich durch dieses zusätzliche Angebot eines mittleren Schulabschlusses "vor Ort" der oftmals von den Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler der Grundschule empfundene Übertrittsdruck deutlich reduzieren dürfte.
Wirtschaftsschule
Allen Wirtschaftsschulen - unabhängig von der Trägerschaft - ist bewusst, dass die Existenz der Schulart Wirtschaftsschule letztlich an den dauerhaften Fortbestand der Mittelschule als abgebende Schulart gebunden ist. Darüber hinaus ist den Wirtschaftsschulen daran gelegen, dass sich ihr traditionsreiches "Erfolgsmodell" weiterverbreitet und in der sich ändernden Schullandschaft zukunftssicher gemacht wird. Dies geschieht auch dadurch, dass vermehrt Beratungen zum Besuch der Wirtschaftsschule durch die Grund- und Mittelschule zu erwarten sind. Selbst Wirtschaftsschulen, die nicht am Kooperationsmodell beteiligt sind, dürften davon mittelbar profitieren.
Berufsschule
Für die Berufsschulen ist diese Kooperation ebenfalls vorteilhaft, da sie als aufnehmende Schulart vermehrt Schüler mit profunden kaufmännischen Vorkenntnissen erhalten werden. Davon abgesehen dürfte sich durch die intensivierte Zusammenarbeit der Mittelschule mit der Berufsschule, die über professionelle Kontakte zum örtlichen Ausbildungsstellenmarkt verfügt, die Anzahl der "Jugendlichen ohne Ausbildungsverhältnis (JoA)" fühlbar vermindern.
An welchen Standorten gibt es das Kooperationsmodell Mittelschule und Wirtschaftsschule?
- Oberbayern
- Mittelschule Burgkirchen a. d. Alz und Staatliche Berufsschule Altötting
- Mittelschule Freilassing an der Martin-Luther-Straße und Staatliche Berufsschule Berchtesgadener Land
- Mittelschule Oberhaching und Staatliche Wirtschaftsschule München
- Niederbayern
- Mittelschule Abensberg und Staatliche Berufsschule Kehlheim
- Oberpfalz
- Mittelschule Neumarkt an der Woffenbacher Straße und Staatliche Berufsschule Neumarkt i. d. Opf.
- Mittelschule Wackersdorf und Staatliche Berufsschule Schwandorf
- Oberfranken
- Mittelschule Neuenmarkt-Wirsberg und Staatliches Berufliches Schulzentrum Kulmbach
- Mittelfranken
- Mittelschule Bad Windsheim und Staatliche Wirtschaftsschule Bad Windsheim
- Mittelschule Lauf a. d. Pegnitz I und Staatliche Berufsschule Nürnberger Land
- Mittelschule Greding und Staatliche Berufsschule Eichstätt
- Unterfranken
- Mittelschule Hammelburg und Staatliche Wirtschaftsschule Bad Neustadt
- Schwaben
- Mittelschule Pöttmes und Berufliche Schulen Wittelsbacher Land, Staatliche Berufsschule Aichach-Friedberg