Gesunder Rücken So finden Eltern den richtigen Schulranzen
Für Kinder ist klar: Der Schulranzen sollte mit Lieblingsmotiven bestückt, farbig und cool sein. Tatsächlich zählt aber, dass er den Rücken entlastet. Auf was Eltern beim Kauf achten sollten, erklärt Privatdozentin Dr. med. Sandra Utzschneider, Orthopädin mit Schwerpunkt Kinderorthopädie am Klinikum der Universität München (LMU) im Interview.

Warum ist es gerade bei Kindern im Grundschulalter wichtig, auf einen gesunden Rücken zu achten?
Dr. med. Utzschneider: Prinzipiell kommt es immer dann bevorzugt zu Erkrankungen der Wirbelsäule, wenn Kinder ihre Wachstumsschübe haben. Es gibt z.B. einen Wachstumsschub, der etwa bis ins 9. oder 10. Lebensjahr reicht und einen weiteren in der Pubertät. Deshalb sollten die Eltern gerade in diesem Alter auf die richtige Belastung achten.
Worauf sollten Eltern beim Kauf der richtigen Schultasche Wert legen?
Dr. med. Utzschneider: Es gibt verschiedene Faktoren, die man in Betracht ziehen muss. Zunächst ist einmal wichtig, dass die Eltern das Kind zum Kauf mitnehmen. Nur so können sie sehen, ob die Größe des Schulranzens passt, ob die Gurte auf das Kind einstellbar sind und der Sitz passt. Was die Größe betrifft, gibt es keine harten Daten. Es ist jedoch wichtig, dass der Schulranzen nicht zu weit unten sitzt, sondern dass er in etwa mit der Taille abschließt. Der Oberrand sollte nicht viel höher als die Schultern sein, das grenzt auch die Größe in etwa ein. Hängt der Rucksack zu weit unterhalb der Taille oder zu weit über die Schultern, kann es leicht passieren, dass das Kind in Vorneige geht, um das Gewicht zu stemmen oder es weicht in den Hohlrücken aus.
Das heißt, ein ausschlaggebender Faktor ist der richtige Sitz. Woran erkenne ich denn als Vater oder Mutter einen ergonomischen Schulranzen?
Dr. med. Utzschneider: Prinzipiell ist es ergonomisch sinnvoll, die Last auf beide Schultern zu verteilen. Die Tragegurte sollten breit genug sein, als Marke werden hier etwa 4 cm genannt. Eine Tasche mit Quergurt ist also nicht die richtige Wahl - das betrifft vor allem auch die Teenager. Wenn zudem mit Hilfe eines Beckengurts Becken und Beine einen Teil der Last übernehmen, ist das noch besser. Die Wirbelsäule muss dann nicht alles alleine stemmen. Was unterstützend wirkt, ist auch ein Brustgurt. Am besten ist ein Rucksack oder ein Ranzen, bei dem eine Rückenlängenanpassung möglich ist. Dann kann das Kind die Gurte und ihre Position individuell einstellen. Vorteil ist, dass er so mitwachsen kann.
Und wie schwer sollte ein Schulranzen sein?
Dr. med. Utzschneider: Ein leerer Schulranzen etwa 1,2 – 1,3 Kilogramm. Eltern sollten einen Ranzen nicht nur deshalb wählen, weil er superleicht ist. Besser, es ist durch ausreichend breite Träger und Brust- oder Beckengurte ein bisschen mehr Gewicht dran, als wenn die Kinder einen leichten Rucksack mit schmalen Tragegurten haben, der möglicherweise auch noch sehr weit unten hängt. Wenn er gefüllt ist, sollte er 12,5 bis 13,3 % des Körpergewichts des Kindes nicht überschreiten, das ist die ungefähre Richtlinie. Allein entscheidend ist aber auch hier nicht unbedingt das Gewicht. Wichtig ist, dass er richtig gepackt werden kann. Hierfür sollte er unterschiedliche Fächer haben. So können die schweren Gegenstände nah am Körper getragen werden.

Eine Frage, die sich Eltern oft im Geschäft stellen: Ist das teuerste Modell automatisch das beste?
Dr. med. Utzschneider: Eltern werden schon feststellen, dass ein guter Schulranzen seinen Preis hat. Es gibt diverse Warentests, die recht gut sind und Faktoren wie Trageeigenschaften, Warnwirkung, etc. einbeziehen. Hier ist zwar nicht immer der teuerste der am Beste getestete. Aber Eltern, die die entscheidenden Kriterien alle einbeziehen wollen, sind schnell in einer Klasse, in der sie investieren müssen.
Schüler ziehen mittlerweile häufig Rucksacktrolleys hinter sich her. Ist die Schultasche auf Rollen die eigentliche Lösung für den Rücken?
Dr. med. Utzschneider: Diese Rollköfferchen kann man nicht unbedingt empfehlen. Das Gewicht auf dem Rücken ist das Kind mit ihnen zwar los, aber das Ziehen erfolgt einseitig. Wir sehen eine Schultasche auf dem Rücken nicht zwangsweise als Überbelastung für den Rücken an. In moderatem Maß hat das einen gewissen Trainingseffekt für die Muskeln. In unsere Sprechstunden kommen immer häufiger Patienten, die sich nicht mehr bewegen und nur noch vor dem PC oder dem Fernseher sitzen. Wenn diesen Kindern alles abgenommen wird, dann bauen die Muskeln immer weiter ab und es kommt schon bei geringer Belastung zu Verspannungen.
Das heißt: ein abschließender Appell für Bewegung?
Dr. med. Utzschneider: Unbedingt. Insgesamt können wir sagen, dass es die beste Prävention darstellt, wenn die Kinder und Jugendlichen körperlich trainiert sind. Mit einer gesunden Fitness halten Körper und Wirbelsäule das Gewicht der Schultasche absolut aus. Deshalb: Bewegung ist das Wichtigste – auch für einen gesunden Rücken!

Stand: 2. September 2013 (akt.)