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Dez. 1985- Nr. 4
INHALT
. GESUNDHEIT Ein Berichtzum Thema Tabletten– mißbrauch 2 JUGENDGRUPPEN Auch das Bayerische Rote Kreuz ist aktiv in der Jugendarbeit 6 RATGEBER Das Inhalts- verzeichnis zu allen Leserbriefen der Serie Rat & Auskunft 9 HEIMERZIEHUNG Ein Bericht über das Jugendwerk Birkeneck 15HERAUSGEBER:
Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht und Kultus
REDAKTION:
Dr. Friedrich Arnold
(verantwortlich)
Salvatorstr. 2, 8000 München 2
Dr. Manfred Bullik
Karl Hans Grünauer
Winfried Karl
ClausKömm
LAYOUT: P.
J.
Wilhelm
DRUCK:
F. Bruckmann KG, München,
Nymphenburger Straße 86
FOTOS:
Bayer. Rotes Kreuz
Luftbildverl. Hans Bertram
Christa Petri
Christa Pilger-Feiler
SZ-Bildarchiv
Foto-Werkmeister
ZEICHNUNGEN:
Otto Baer
G. Bassner
DieseZeit–
schrift erscheint
alledrei Mo–
nate. Schul–
kinder in Bay–
ern bringen
sie ihren Eltern kostenlos mit
nach Hause. Im Zweifelsfalle
wenden Sie sich an SCHULE
&
WIR. Salvatorstraße
2,
8000 München 2,
Tel. (089) 21 86/307.
Nachdruck mit Quellenangabe
gestattet (2 Belegexemplare).
2
D
eutschland ist Vize-Euro–
pameister. Anlaß zur
Freude über diesen zwei–
en Platz hinter den Fran–
zosen besteht jedoch nicht. Es
ist eine dubiose Disziplin, in
der dieser Titel tagtäglich errun–
gen wird, nämlich im Pillen–
schlucken .
36000
Tabletten verschlingt
bei uns der statistische Durch–
schnittsbürger
vom
Säuglings–
bis ins Seniorenalter. Und die–
sen "Sport" läßt er sich auch et–
was kosten : So werden über
300
DM pro Kopf jährlich für
Med ikamente ausgegeben. Das
macht einen Gesamtumsatz
von rund
20
Milliarden Mark,
Jahr für Jahr.
Für unsere Gesundheit darf
uns eben nichts zu teuer sein,
werden hier manche sagen.
Damit haben sie einerseits
recht. Sind doch Medikamente
in der modernen Medizin un–
verzichtbare Helfer, um Leid zu
lindern, Leben zu erhalten.
Aber auch viele Menschen,
die eigentlich gar nicht krank
sind, wollen heute ohne Tablet–
ten nicht mehr auskommen . Sei
es bei Kopfweh, Magendrücken
oder Müdigkeit, bei Hetze oder
hartem Stuhlgang: Gegen jede
Unpäßlichkeit stehen Mittel–
chen bereit.
Wer hier jedoch gedankenlos
zugreift, geht ein hohes Risiko
ein; denn Medikamente heilen
nicht nur, sie können auch
Schaden zufügen. Er droht
dann , wenn man ohne ärztli–
chen Rat in überhöhter Dosis
oder während längerer Zeit
ständig ein bestimmtes Mittel
einnimmt.
Wer das tut, betreibt Miß–
brauch und läuft Gefahr, von
seinem "Heilmittel" abhängig
und süchtig zu werden . Dann
wird die Arznei zum schlei–
chenden Gift, das Geist und
Körper krankmacht.
Besonders bedenklich ist es
aber, wenn man schon Kindern
eine Pille für alle Fälle anbietet.
Reagiert doch der junge Orga–
nismus hochempfindlich auf je–
den chemischen Eingriff. Des–
halb muß hier die Behandlung
mit Medikamenten vom Arzt
sehr sorgfältig und genau über–
legt werden .
Gerade das Gegentei I scheint
jedoch der Fal l zu sein, wenn
man den vielen Zeitungsberich-
ten in jüngster Zeit glauben
will. "Kinder werden mit Pillen
vollgestopft", stand da z. B. zu
lesen . Vor allem bei einem
"Leiden" sei man mit Heilmit–
teln nur allzu rasch bei der
Hand, nämlich bei Schul–
schwierigkeiten. Manche Stim–
men behaupten, daß schon je–
des dritte Kind Medikamente
bekäme, um beim Lernen
" richtig zu spuren" .
Die Pharma-Industrie hat
sich darauf eingestellt. Ihre
Werbung preist so manche
Wundermittel an. Sie sollen zu–
gleich Schulleistungen steigern,
Konzentration und Ausdauer
erhöhen, Lernmüdigkeit
ver-
·
hindern, Gedächtnis und Ner–
ven verbessern. Viele dieser
Medikamente erhält man ohne
Rezept. Der Arzt, der Fach–
mann also, kann umgangen
werden .
Doch lassen sich wirklich so
viele auf das gefährliche Aben–
teuer mit der Arznei ein, wie
mancherorts behauptet wird?
Für Bayern kann man hierfür
genaue Angaben machen ;
denn im Auftrag des Innen- und
Arbeitsministeriums fühlt die
Infratest-Gesundheitsforschung
regelmäßig jungen Menschen
im Alter von
12-24
Jahren auf
den Zahn. Die letzte Erhebung
war im Jahre
1984.
Bei einer anonymen Frage–
bogenaktion gaben
2000
Perso–
nen genaue Auskunft, zu wel–
chen Medikamenten sie in den
letzten drei Monaten gegriffen
haben/ und ob dies auf ärztli–
che Verordnung geschah oder
nicht. Auch wollte man wissen,
in welcher Dosis und über-wel–
chen Zeitraum hinweg die be–
fragten jungen Leute bestimmte
Mittel genommen haben .
Harmlose Präparate wurden
nicht mit in die Auswertung
einbezogen. Sie enthalten le–
diglich Stoffe, die unser Körper
braucht und bei ausgewogener
Ernährung ohnehin zur Genüge
bekommt. Dazu gehören
vor
allem Vitamine, Lezithine und
Glutaminsäure.
Berücksichtigt bei der Befra–
gung wurderi hingegen alle
Arzneimittel, bei denen die Ge–
fahr von Körperschäden, Ab–
hängigkeit und Sucht besteht.
Sie lassen sich grob in vier
Hauptgruppen unterteilen:
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