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Fortsetzung von Seite 7

hier in der täglichen Praxis

Schwachstellen. Vor allem die

westdeutschen

Universitäten

bekamen sie zu spüren .

Studierfähigkeit entdeckten

die Professoren bei den Erstse–

mestern nur mehr auf wenigen

schmalen Spezialgebieten. Sie

vermißten eine breite Allge–

meinbildung. Mit Recht wiesen

sie zum Beispiel darauf hin,

daß auch ein naturwissen–

schaftliches Studium ohne

Kenntnis moderner Fremdspra–

chen nicht zu bewältigen ist.

Der hessische Staatsgerichts–

hof schlug in die gleiche Kerbe.

ln dem weithin bekannten

Oberstufenurteil vom 30. 12.

1981 erklärte er nämlich

Deutsch und Geschichte zu be–

sonders wichtigen Schulfä–

chern der Gymnasien, die man

nicht einfach abwählen dürfe.

Denn: "Der Unterricht in die–

sen Fächern ist ein unentbehrli–

cher Teil des für die geistige

Tüchtigkeit

vorausgesetzten

Allgemeinwissens ... "-so die

~ichter.

ln Bayern machte sich auch

die

Landeselternvereinigung

der Gymnasien diesen Gedan–

ken zu eigen . Schließlich for–

derte der Landtag in einem

Dringlichkeitsantrag die Staats–

regierung auf, die erkannten

Schwachstellen der Kollegstu–

fen zu beheben . Jeder Kollegiat

sollte beim Abiturein verbindli–

ches Mindestmaß an Allge–

meinbildung erworben haben .

An drei Punkten setzte das Kul–

tusministerium den Hebel an:

e

Vom ersten bis zum letzten

Schultag in der Kollegstufe muß

nun jeder Gymnasiast die Fä–

cher Deutsch, Geschichte, Re–

ligion/Ethik und Sport im Stun–

denplan haben.

e

Jeder Kollegiat muß bis zum

Abitur entweder eine Fremd–

sprache oder Mathematik in

sein Programm nehmen.

e

Jeder muß von den Natur–

wissenschaften entweder Che–

mie oder Physik bis zum Abitur

durchziehen.

Fußnote: Wer zwei Fremd–

sprachen als Abiturfächer be–

legt, kann in der 13. Jahrgangs–

stufe auf Deutsch verzichten.

Das Schaubild auf Seite 7 un–

ten zeigt die neue Lage und ver–

deutlicht ' wie· die verbindliche

Fächerverteilung in der 12. und

13. Jahrgangsstufe jetzt aus–

sieht.

Eine weitere wichtige Neue–

rung betrifft die Abiturprüfung.

Für sie gilt jetzt die sogenannte

"doppelte Kernfachbindung".

Was heißt das? ln Bayern wird

8

Nach Talent und Neigung

ln der Kollegstufe stellt sich jeder Schüler sein eigenes Fä–

cherprogramm zusammen. Auch die "Kurskorrektur" ab

Schuljahr 1983/84 verhindert nicht, daß man die Schwerpunk–

te nach Interesse und Neigung ganz verschieden setzen

kann. Dies zeigen die folgenden Belegungspläne dreler Kol–

legiaten eines neusprachlichen Gymnasiums. Die Höhe der

Kästchen entspricht der Zahl der Unterrichtsstunden pro Wo–

che. Unterstrichene Fächer sind verpflichtend bis zum Abitur.

Kunsterziehg.

Spaß an Sprachen

Deutsch

Französisch

(Leistungskurs)

Ralpnalaln

Physik

Eidkunde

Mathematik

Latein

Sozlellcunde

(Leistungskurs)

Geechlchte

Biologie

~

Markus

hat Freude an Französisch, Lust auf Latein. Seit

Jahren schreibt er hier die besten Noten. Darum legt er den

Schwerpunkt seines Kursprogramms auf die sprachlich–

künstlerische Fächergruppe (Farbe grau). Latein und Franzö–

sisch möchte er besonders vertiefen.

Der Zug zur Natur

Chemie

Mathematik

Musik

(Leistungskurs)

Re

I~,...

...

Englisch

Sozlellcunde

Geechlchte

Physik

Deutsch

(Leistungskurs)

Erclcunde

Sport

Petra

will später an der Universität Naturwissenschaften stu–

dieren. Darum legt sie den Schwerpunkt ihres Kurspro–

gramms auf die mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer–

gruppe (Farbe sandgelb). Die Kollegstufe bietet ihr diese

Chance, obwohl sie ein neusprachliches Gymnasium besucht.

Für jeden etwas

Kunsterziehg.

Sozialkunde

Chemie

~

Deutsch

Wlrbch./Recht

Physik

Geechlchte

Biologie

Englisch

(Leistungskurs)

(L.elatungelcun)

Mathematik

Sport

Johannes

versucht die einzelnen Fächergruppen gleichmä–

ßig zu berücksichtigen. Darum wählt er die Leistungskurse

aus zwei verschiedenen Bereichen: dem sprachlich-künstleri–

schen (Farbe grau) und dem gesellschaftswissenschaftliehen

(Farbe dunkelgrün).

das Gymnasium mit sechs ver–

schiedenen Zweigen angebo–

ten: humanistisch, neusprach–

lich, mathematisch-naturwis–

senschaftlich, musisch, wirt–

schaftswissenschaftlich und so–

zialwissenschaftlich.

Für alle Zweige sind folgende

fünf Kernfächer verbindlich:

Deutsch, zwei Fremdsprachen,

Mathematik und Physik. Dar–

über hinaus aber hat jede Aus–

bildungsrichtung noch ihr spe–

zielles Kernfach. Mußte bisher

in der Abiturprüfung nur eines

dieser insgesamt sechs Kernfä–

cher enthalten sein, so sind es

künftig zwei .

Gewiß wird dadurch die

Wahlfreiheit bei der Zusam–

menstellung des persönlichen

Kursprogramms enger. Aber

dennoch bleibt noch genügen

Spielraum für individuelle Pro–

f;le (siehe Schaubilder links).

Die Gelegenheit, alle diese

Änderungen geschlossen ins

Kollegstufenmodell einzubau–

en, ergab sich im Sommer

1983, als die neue Schulord–

nung für Gymnasien (GSO) in

Kraft trat und man der alten

ASchOden Laufpaß gab.

Eine kleine, nicht unwesent–

liche Neuerung zielt auf den

Lerneifer der Kollegiaten. Man–

cher hielt es damit nicht so, wie

es sich die Väter der Reform

einst vorgestellt haben. Immer

wieder kam es vor, daß Kolle–

giaten Grundkurse, die sie be–

legt hatten, links liegen ließen,

oft kaum oder überhaupt nicht

besuchten. Die schlechten No–

ten nahmen sie in Kauf und

hofften auf Ausgleich durch gu

te Leistungen in den andere

Kursen.

Auch da ist jetzt ein Riegel

vorgeschoben. Wer nicht ein–

mal die vorgeschriebene Min–

destleistung in einem verpflich–

tenden Grundkursfach bringt,

wird nicht zum Abitur zugelas–

sen. Kurventechnikern und Lei–

stungsjongleuren wird es damit

schwerer gemacht, die Wahl–

freiheit der Kollegstufen zu

mißbrauchen.

Mit diesen Änderungen hat

die Kollegstufe an unseren

Gymnasien nichts an Substanz

verloren. Im Gegenteil: Ihre

zentralen Gedanken, Schwer–

punktbildung in den Leistungs–

kursen mit einer möglichst brei–

ten Allgemeinbildung zu ver–

binden, wird künftig noch bes-

. ser verwirklicht werden kön–

nen. Die neue Kollegstufe ist

darum kein Verrat an der alten

Idee. Sie rückt lediglich gerade,

was vorher noch nicht ganz im

Lotwar.

e