Fortsetzung von Seite 19
bola. Eine Schreinerklasse
spendierte dafür die schönsten
Werkstücke aus ihrem Unter–
richt: Stühle, Hocker, Schemel
usw. Das Berufsgrundschuljahr
Metall stellte eisengeschmiede–
te Kerzenleuchter zur Verfü–
gung, eine Mädchenklasse be–
teiligte sich mit Strohsternen
und Gewürzsträußchen.
Dann machten die Berufs–
schüler ihre Ausbildungsbetrie–
be mobil, baten die Lehrherren
um Sachspenden. So gelangten
nicht nur Tennisschläger und
Skistöcke, sondern auch Trink–
gläser, Kleider, Bügeleisen und
eine Vielzahl anderer Hausge–
räte in die Tombola. Ihr Erlös
übertraf alle Erwartungen.
Der Eifer der Berufsschüler
wirkte ansteckend. Auch Gym–
nasiasten und Realschüler star–
teten nun Aktivitäten und sam–
melten Geld für die gute Sache.
Bald konnte Schulsprecher Ro–
land Schumacher die ersten
Tausender auf das Konto von
Padre Carlo in Peru überwei–
sen. Überschwenglich bedank–
te sich der Missionspriester im
Namen der Indios bei den ami–
gos in Deutschland.
Herr Hermannsdorfer, ein
ehemaliger Lehrling an der Be–
rufsschule Altötting, hatte von
der Initiative für das 10000 km
entfernte Projekt gehört. Als er
im Sommer 1979 Urlaub in Pe–
ru machte, ließ er es sich nicht
nehmen, Padre Carlo in seinem
Andendorf Monterrey aufzusu–
chen.
Das Geld wurde
gut angelegt
D
amit istdiese Geschichte
an ihrem dritten Schau–
platz angelangt. Zwei
Farbfilme und viele Fo–
tos, die Hermannsdorier mit–
brachte, überzeugten auch den
letzten Zweifler: Der Pater hat–
te das Geld gut angelegt. Zwei
Lehrsäle und drei Werkstätten
sah man schon im Rohbau
stehen.
Hans Hermannsdorfer: "Am
Sonntag nach der Messe kamen
die braungebrannten Indios auf
mich zu. Ihre von Not und Ent–
behrung gezeichneten Gesich–
ter strahlten. Sie klopften mir
auf die Schultern, sagten immer
nur ,gracias amigo'! Diese rüh–
rende Dankbarkeit hat mich
überwältigt."
Der Reisebericht, die Filme
und Fotos halfen mit, den Eifer
der Altöttinger Schüler zu ver–
doppeln. Den armen Indios nur
einen einzigen Lehrsaal zu fi–
nanzieren - davon war schon
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Wege
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Im Schulzentrum lerne,..
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auch Indio-Frauen. Voh
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Stolz ze1gen sie Besuchern die Arbeit an den Strickmaschinen.
lange keine Rede mehr. Die
Zielmarke wurde höher gesetzt:
Der Missionspater sollte alle
seine Baupläne verwirklichen,
hieß jetzt die Parole.
Willkommene Hilfe für das
Entwicklungsprojekt kam auch
von offizieller Seite. Für "be–
sondere außerunterrichtliche
Leistungen" erhielt die Berufs–
schule Altötting 1979 einen An–
erkennungspreis des Kultusmi–
nisteriums von 600 Mark. Im
Jahr darauf gab es noch einmal
500 Mark. Auch der Landkreis
überwies 500 Mark.
Durch die regelmäßigen
Geldspenden konnte Padre
Carlo schon im August 1980
den ersten Bauabschnitt seines
Projekts feierlich einweihen.
Lehrsäle, Werkstätten und
Krankenstation waren fertig.
Ursprünglich für 70 Schüler ge–
dacht, bot die Schule jetzt so–
gar 250 jungen Indios Platz für
eine gute Ausbildung.
Aber die Altöttinger Berufs–
schüler planten von Anfang an,
den Freunden im fernen Süd–
amerika nicht nur mit Geld zu
helfen. Auch persönliche Kon–
takte wollte man zwischen den
beiden Schulen knüpfen, viel–
leicht sogar einen Schüleraus–
tausch beginnen.
So .entstanden im Januar
1981 die ersten Reisepläne.
Lehrlinge und Lehrer der Be–
rufsschule Altötting drückten
gemeinsam die Schulbank und
lernten dafür in Abendkursen
Spanisch. Als der Bayerische
Jugendring einen kräftigen Fi–
nanzzuschuß gewährte, nahm
die Reise nach Peru Gestalt an.
Im August flog eine Gruppe
von 32 Schülern und Lehrern
nach Lima. Von dort ging es mit
dem Bus nach Monterrey. Wo–
chen vorher hatte sich die Kun–
de vom Besuch der amigos aus
Deutschland schon in den Kar–
dillerendörfern verbreitet. Vor
der grandiosen Kulisse des
6800 Meter hohen Huascaran
feierte man dann ein unvergeß–
liches "Fest der Freundschaft".
Acht Stunden dauerte das Pro–
gramm mit Liedern, Tänzen
und pantomimischen Spielen.
Natürlich waren die Gäste
aus Bayern besonders neugierig
auf den Rundgang durch die
Schulanlage. Neun ebenerdige
Gebäude gruppieren sich hier
um einen weiten Innenhof:
Eine Sanitätsstation, das Direk–
torat, zwei Hörsäle, drei Werk–
stätten, das Internat und die
Küche.
Patenschaft für
Kinder in Peru
S
chon im Herbst 1982
konnten die ersten 40 pe-·
ruanischen Schüler in der
neuen Berufsschule ihre
Ausbildung als Landwirt oder
Schreiner erfolgreich abschlie–
ßen. Für die jungen Indios ein
unschätzbarer Wert; denn die
soliden Berufskenntnisse öffne–
ten ihnen den Weg aus Hoff–
nungslosigkeit und Armut.
Auch Frauen aus den umlie–
genden Dörfern gehen in Mon–
terrey heute zur Schule. Ange–
leitet von Missionsschwestern,
lernen sie das Nähen und Strik–
ken mit der Maschine, die rich-
tige Ernährung und Grundre–
geln der Ersten Hilfe. Aber auch
die Kinder der Bergdörfer wur–
den nicht vergessen. Ihr Ge–
sundheitszustand war damals
katastrophal.
Daher entschloß sich Pater
Carlo, noch einen Kindergarten
sei11em Projekt anzugliedern.
Am 1. April 1982 nahm er den
Betrieb auf. Als Dank an die
Spender im fernen Oberbayern
erhielt er den Namen "Zur Lie–
ben Frau von Altötting".
Um ein Kind den ganzen Tag
über betreuen und versorgen zu
können, sind jährlich 400 Marlr
notwendig. Patenschaften
I
) I
39 solcher Kindergartenplätze·
haben die Altöttinger Berufs–
schüler schon vermittelt. Mel–
dungen für weitere nimmt die
Schülermitverwaltung
gerne
entgegen.
Seit einigen Monaten hat die
Berufsschule Altötting übrigens
den ersten Gegenbesuch aus
Südamerika: Gisella und Justo.
Sie wollen in Bayern eine Be–
rufsausbildung absolvieren. Ju–
sto hat schon eine Lehrstelle als
Landwirtschaftsschüler
- auf
einem Bauernhof gefunden. Für
das Mädchen ist Lehrer Him–
melstoß noch auf der Suche.
Vielleicht hilft dieser Bericht,
daß er bald fündigwird.
Die jungen Leute in Altötting
kümmern sich übrigens rüh–
rend um die beiden Gäste;
denn Peru ist weit und das
Heimweh groß. Doch wo tätige
Nächstenliebe am Werk ist,
wird alles leichter. Dafür geben
die Berufsschüler in Altötting
uns allen ein Beispiel.
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