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Fortsetzung von Seite 3
beitsgemeinschaft Arzt-Lehrer
den Eitern: Lassen Sie Ihr
Kind zu Hause, bis die Krank–
heit wirklich ausgehefit ist. Es
darf keine Konkurrenz zwi–
schen Gesundheit und guten
Noten geben. Die Gesund–
heit hat stets Vorfahrt! Auch
.nach . überstandener Krank–
heit und Rückkehr in die
.Schule heißt es noch eine
zeitfang kurz treten. Die Ar–
beitsgemeinschaftArzt-Lehrer
plädiert sogar für eine Schon–
zeit von acht bis zehn Tagen,
während der der Schüler un–
nötige Anstrengungen mei–
den und nachmittags Ruhe–
pausen einlegen soll . Die
Schule wird für seine Lage
Verständnis haben. Sie zwingt
ihn nicht, daß er, kaum ge–
nesen, gleich alle Prüfungs–
arbeiten mitschreibt, vor al–
lem nicht über den Stoff, den
er versäumt hat. Im Einzel–
fall empfiehlt sich stets die
Absprache mit dem Lehrer.
Besonders sorgfältig ist zu
prüfen, ob und wie weit ein
Kind sich am Sportunterricht
beteiligen darf. über diese
Frage herrscht bei Eitern und
Schülern viel Unsicherheit.
Sportärzte warnen: Vorsicht
mit dem Sport nach Infek–
tionskrankheiten! Aber sie
meinen auch: Es wird insge–
samt zu viel vom Sportunter–
richt befreit. Und das, ob–
wohl es gegen viele Be–
schwerden keine bessere Me–
dizin gibt als- Sport!
Rund jedes dritte Kind ist
zu dick. Jeder vierte Jugend–
liche leidet an Kreislauf–
schwäche. 60 Prozent aller
Schulpflichtigen haben Hal–
tungsschäden. Ein häufiger
Grund:
BewegungsmangeL
Das Schülerleben zwischen
Lift, Bus, Schulbank, Eßtisch
und Fernsehapparat schwächt
Muskeln und Kreislauf. Das
Kind wird träge und krank.
Wer sperrt sich
gegen den Sport?
Die Schulen bieten heute
mehr Sport an als je zuvor.
Bayern baut Sporthallen und
Schwimmbäder. Was hilft
aber alle Mühe, wenn die
Schüler zu wenig Gebrauch
vom Sportangebot machen
und lieber zur wohlfeilen
Entschuldigung der mitleidi–
gen Mutter greifen. Unter–
richtsbefreiung über ein hal–
bes oder gleich ein ganzes
Jahr, das gibt's nicht in
Ma~
thematik und auch nicht · in
Englisch. Aber in Turnen. Ein
ärztliches Attest - schon hat
der Sportmuffel das Fach los.
Die Befreiung vom Schul–
sport wird zunächst durch
Hausärzte
ausgesprochen.
Trotz der anschließenden Be–
teiligung der Schulärzte meint
dazu Medizinaldirektor Dr.
Weigand: I/Die Erfahrung
zeigt leider, daß die Atteste
medizinisch nicht immer aus–
reichend
begr~ndet
sind und
häufig zu sehr den Wünschen
der Schüler und Eltern ent–
gegenkommen.~~
Viele Sport–
lehrer können ein Lied da–
von singen. Die Befreiung
wird gern auch dann in
Turnen tut not!
Turnen tut gut!
Bausch und Bogen ausgespro–
chen, wenn schon eine Teil–
befreiung von bestimmten
Disziplinen oder Übungen
ausreichen würde. Oft wird
auch ohne zeitliche Begren–
zung befreit. Dann bleiben
Turnunlustige dem Sport so
fern wie möglich - auch
wen[l sie längst wieder ge–
sund sind und den Sport
dringend nötig hätten.
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Bitte, gib mir eine Ent–
schuldigung für die Turnleh–
rerin mit
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,
sagt Susi am Mor–
gen zu ihrer Mutter. I/Heute
kann ich unmöglich mittur–
nen. Mir ist schon wieder so
furchtbar schwindlig! " Susis
Mutter ist beunruhigt.
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Wir
werden ein Attest besorgen
und dich ganz vom Turnen
befreien lassen'', meint sie,
während sie die Entschuldi–
gung schreibt. Ist es Susi neu–
lich nicht sogar schwarz vor
den Augen geworden, als sie
aus der Hocke aufstand?
Was Susis Mutter nicht
weiß: Sie tut ihrer Tochter
keinen Gefallen. Im Gegen–
teil! Wenn Susi regelmäßig
Sport triebe, würden sich ih–
re Beschwerden nach und
nach bessern und allmählich
ganz verschwinden. Susi ist
nämlich organisch gesund.
Sie hat nur - wie viele Men–
schen heutzutage - einen un–
trainierten Körper und des–
halb labilen Kreislauf. I/Sol–
che funktionellen Kreislauf–
störungen können durch re–
gelmäßige Bewegung besei–
tigt werden", versichert der
Augsburger Sportmediziner
und Facharzt für Innere Me–
dizin , Dr. Hans-Henning Bor–
ebers. Nach seiner Erfahrung
werden auf Drängen über–
ängstlicher Eltern in erschrek–
kend hohem Maße Befrei–
ungsatteste ausgeschrieben,
die mehr schaden als nützen.
Von den Schülern, die mit
Herz- und Kreislaufbeschwer–
den in die Praxis von Dr.
Borchers kommen, um sich
vom Sport befreien zu las–
sen, sind die wenigsten orga–
nisch krank. Die große Mehr–
zahl ist - wie Susi -
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Zi–
vilisationsgeschädigt"
und
braucht nichts dringender als
Bewegung. Sogar noch über
den Schulsport hinaus! Beim
Schwimmen und beim Dauer–
lauf, beim
Skifahr~n,
Radeln
und Rudern kommt der
Kreislauf wieder in. Schwung!
Sportbefreiunge
sollten
also sparsam dosiert und auf
die wirklich begründeten
Fälle beschränkt werden -
das fordert auch -Dr. Peter
Lenhart, Sportmediziner und
Facharzt für Orthopädie in
München. Seiner Ansicht nac
ist eine vollständige Befre·
ung vom Sport nur bei we–
nigen Krankheiten angezeigt.
Meistens genügt eine Befrei–
ung von bestimmten Übun–
gen, eine Teilbefreiung.
Schulsport ist nämlich kein
Leistungssport, der eine ei–
serne Kondition voraussetzt.
Es geht in erster Linie um
Lockerung, Entspannung und
Spiel. Sport als Schulfach hat
nichts mehr zu tun mit dem
zackigen Drill von anno da–
zumal. Er will auch nicht
Olympiasieger und Welt–
rekordler züchten, sondern
die Freude an der Bewegung
wecken und dadurch einen
Beitrag zur Gesundheit lei–
sten. Den modernen Seuchen
Herzinfarkt und Diabetes,
den Bandscheiben- und Hal–
tungsschäden kann man mi
Sport schon in der Jugen
vorbeugen.
Der Arzt der ein Teilbe–
freiungsattest ausstellt, wägt
ab, ob zur Besserung der Be–
schwerden körperliche Scho–
nung oder Aktivität angezeigt
ist. Dann überlegt er : Wel–
che Übungen sind für den
Patienten schädlich? Welche
Übungen tun ihm gut? So er–
gibt sich für jeden Einzelfall
eine maßgeschneiderte Sport–
beteiligung.
Mäßig aber
regelmäßig:
Sport für Diabetiker
Vor zehn Jahren wurde
noch jeder Zuckerkranke
grundsätzlich von sportlicher
Betätigung
ferngehalten.
Heute weiß man: Bei laten–
tem Diabetes wirkt regelmä–
ßig betriebener Sport oft
ebenso segensreich wie Pil–
len und Tropfen. Die Erfah–
rung zeigt: Schüler beein-