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Viele Eltern sehen für ihre Kinder nur Zukunftschan-
cen durch einen höheren Schulabschluss.
Es ist schade, wenn sich manche Eltern von vornher-
ein auf das Gymnasium fixieren und nicht die Chan-
cen sehen, die die anderen Schularten eröffnen. Ent-
scheidend ist doch die Überlegung, welche Begabun-
gen ein Kind hat und wo diese bestmöglich gefördert
werden können. Das bayerische Schulsystem zeichnet
sich dadurch aus, dass man seinenWeg in allen
Schularten machen kann. Zudem gibt es zahlreiche
Möglichkeiten, nach dem ersten Schulabschluss einen
weiterführenden Bildungsweg anzuschließen.
Welchen Stellenwert messen Sie bei Ihrer Politik der
bayerischen Hauptschule zu?
Die Hauptschule haben wir in den vergangenen Jah-
ren ständig weiterentwickelt. So haben wir z.B. die M-
Klassen eingeführt, in denen besonders begabte
Hauptschüler einen mittleren Schulabschluss erwerben
können, und die Praxisklassen, in denen eher prak-
tisch begabte junge Leute intensiv gefördert werden.
Denken Sie daran, die Lehrpläne der einzelnen Schul-
arten im Hinblick auf Kürzungen zu überprüfen?
Alle derzeit gültigen Lehrpläne konzentrieren sich
schon auf das Grundwissen und die Basiskompeten-
zen. Diese Ziele werden wir bei der Lehrplanentwick-
lung der kommenden Jahre weiter beachten. Mein
Augenmerk wird der Qualitätssicherung an unseren
Schulen gelten. Beim neuen Lehrplan für
das G8 befragen wir derzeit an ausge-
wählten Schulen nicht nur Lehrkräfte,
sondern auch Eltern und Schüler nach
ihren Erfahrungen.Auf dieseWeise wol-
len wir herausfinden, wo es in der Praxis
noch besondere Probleme gibt. Darauf
werden wir dann mit gezielten Fortbil-
dungen und anderen Hilfestellungen, ge-
gebenenfalls auch durch Änderungen im
Lehrplan kurzfristig reagieren.
Wie sehen Sie die derzeitigen Mitwir-
kungsrechte von Eltern und Schülern in
der Schule?
Ein gut funktionierendes Schulleben ist
in jedem Fall auf die aktive Mitwirkung
der Eltern angewiesen. Deshalb ermutige
ich die Eltern nachdrücklich, auch wei-
terhin in den Gremien ihrer Schule aktiv
mitzuarbeiten. Jeder sollte sich fragen, was
er für eine gute Schule tun kann und
nicht umgekehrt. Für ebenso wichtig
halte ich es, Mitwirkungsrechte undVer-
antwortung der Schülervertreter weiter
zu stärken. Der geplante Landesschülerrat, in dem
Schülervertreter aller Schularten Sitz und Stimme ha-
ben, ist ein Schritt in diese Richtung.
Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Fleiß und Höflichkeit – in-
wieweit soll die Schule heute diese Grundtugenden
vermitteln?
Ich würde sogar noch Disziplin und Zielstrebigkeit als
weitereTugenden hinzufügen, zu denen wir unsere
Schülerinnen und Schüler erziehen müssen. Das Mit-
einander in unserer Gesellschaft kann nur funktionie-
ren, wenn junge Menschen von klein auf diese inneren
Einstellungen lernen. Nur so können sie später ihrer
sozialenVerantwortung gerecht werden.
Was würden Sie sich von den Eltern als Unterstüt-
zung für unsere Schulen wünschen?
Besonders wichtig ist, dass die Eltern den Lehrkräften
bei ihrer Erziehungsarbeit Rückendeckung geben. Das
schließt beileibe berechtigte Kritik im Einzelfall nicht
aus. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass sie sich auch
weiterhin mit ihren Fähigkeiten, ihrer beruflichen Er-
fahrung und ihren Kontakten z.B. zu Unternehmen
und kulturellen Einrichtungen ins Schulleben einbrin-
gen. Für mich stellen die Eltern in den Schulen ein
Potenzial dar, das man nicht hoch genug schätzen
kann.Wünschenswert wäre, dass sich ein gewisses
„Wir-Gefühl“ mit der eigenen Schule herausbildet,
wie wir es in vielen anderen Ländern finden.
Hier spielt doch auch die innere Schulentwicklung
eine große Rolle. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Die Schulentwicklung ist inzwischen in Bayern fest
etabliert. Ich erinnere hier nur an die Regionalkon-
gresse, die ein großes Echo auslösten, oder die Erpro-
bung neuer Unterrichtsformen, die von den Schülern
positiv aufgenommen wurden. Ich werde deshalb das
Thema „Innere Schulentwicklung“ in meiner Amts-
zeit weiter vorantreiben.
Bildungspolitik
Die Eltern erhalten
künftig mehr Spielraum
bei der Einschulung.
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ZUR PERSON
Kultusminister Siegfried
Schneider ist 49 Jahre
alt und stammt aus
Oberzell bei Eichstätt. Er
ist verheiratet und hat
drei Kinder im Alter von
16, 19 und 20 Jahren.
Nach dem Abitur am
Reuchlingymnasium in
Ingolstadt studierte er in
Eichstätt für das Lehr-
amt an Volksschulen.
Von 1980–1994 unter-
richtete er an verschie-
denen Grund-, Haupt-
und Förderschulen. Seit
1994 ist er Mitglied des
Bayerischen Landtages.
Bis zu seiner Ernennung
zum bayerischen Kultus-
minister war er bil-
dungspolitischer Spre-
cher der CSU-Fraktion
und Vorsitzender des
Ausschusses für Bildung,
Jugend und Sport.