Aufnahme in die Journalistenschule ge–
staltete sich als zu schwierig, und vom
Diplomstudiengang 'Journalistik' riet
man ihr dringend ab. Konnte sie
schon keinen Zugang zur schreiben–
den Zunft finden, so wollte sie sich
wenigstens wissenschaftlich mit Litera–
tur beschäftigen. Deshalb versuchte sie
sich ein Semester lang in Regensburg
am
Studium der Germanistik und Ang–
listik, das sie aber nicht zufrieden
stellte, weil die Lehrveranstaltungen ih–
rer Ansicht nach zu verschult waren.
So besann sie sich aufs 'Seriöse' und
landete schließlich beim Jurastudium,
fühlt sich dort allerdings fast als „Aus–
sätzige", weil sie nicht in „teuren Kla–
motten und mit Handy" herumläuft
wie ihre Studienkollegen . Judith möch–
te gern einmal als Anwältin in Sachen
Strafrecht tätig sein oder noch ein Auf–
baustudium in Richtung Kriminologie
anhängen.
Axel,
24, aus Coburg wollte von
Anfang an nicht studieren. Sein Wer–
degang stand bisher unter dem Mot–
to: „Probieren geht über Studieren ."
Nach dem Zivildienst begann er zwar
zunächst eine Stammhaus/ehre zum
Industriekaufmann bei Siemens, brach
diese aber nach acht Monaten ab,
weil ihm die Aufgaben zu wenig krea–
tiv erschienen. Auch die seiner Mei–
nung nach theorielastige Universität
entsprach nicht seinen künstlerischen
Ambitionen. Mit viel Sinn fürs Kreative
und viel Engagement bahnte er sich in
München einen Weg in die Medien–
branche: Zunächst Praktikant bei Ra–
dio Energy, dann Volontär beim Film,
hat er sich schließlich autodidaktisch
das Schneiden von Filmen beigebracht
und arbeitet nun in München als Cut–
ter. Aber er ist noch lange nicht
am
Ende seiner beruflichen Träume ange–
langt. Momentan feilt er an Drehbuch–
entwürfen und Kurzfilmen, mit denen
er sich an verschiedenen Filmhoch–
schulen bewerben will. Gegen einen
Standortwechsel, beispielsweise zu den
Babelsberger Filmstudios nach Pots–
dam, hätte er nichts einzuwenden.
Götz,
23, ebenfalls aus Coburg,
verpflichtete sich erst einmal für zwei
Jahre bei der Bundeswehr. So hatte er
die Möglichkeit, nach einem Zugfüh–
rerlehrgang selbst Soldaten auszubil–
den und eine Gruppe zu führen , was
6 SCHULE
aktuell
für seine Persönlichkeitsentwicklung
„enorm wichtig" gewesen sei. Außer–
dem hatte er genügend Zeit, sich über
seine Studienwünsche klar zu werden.
Die Idee des Geschichtsstudiums ließ
er angesichts der schlechten Berufs–
aussichten schnell fallen und entschied
sich stattdessen für ein Jura-Studium in
Passau,
wo
er dies gut mit den Fremd–
sprachen Englisch und Spanisch kom–
binieren kann. Seinen Horizont möch–
te er aber nicht auf Passau beschrän–
ken. Deshalb will er nach dem 4. Se–
mester für ein halbes Jahr in Lausanne
studieren. Von seinem ursprünglichen
Traumland USA kam er wieder ab,
weil das amerikanische Recht zu sehr
vom deutschen abweicht.
Last but not lec;ist:
Markus,
23,
aus dem Allgäu. Nach dem Zivildienst
beim Roten Kreuz fiel ihm die Berufs–
wahl nicht schwer, denn für ihn stand
schon vor dem Abitur fest:„Mein Traum–
beruf ist Lehrer!" Daran hat sich bis
heute nichts geändert. Nur die Wahl
der Unterrichtsfächer war nicht ganz
so einfach. Er studierte zunächst Biolo–
gie und Chemie für das Lehramt
am
Gymnasium in Regensburg, wurde
;e–
doch von den Professoren schnell de–
motiviert, da sie den Studenten von
Anfang an miserable Aussichten pro–
gnostizierten. Deshalb wechselte er zu
Englisch und Erdkunde und zog von
Regensburg nach Augsburg. Die grö–
ßere Nähe zu seiner Heimat war ihm
wichtig, geht er doch nach wie vor
als 'Naturbursche' gern zum Skifah–
ren und Mountainbiken in die Allgäu–
er Berge. Trotz aller Heimatverbun–
denheit zieht es ihn immer wieder in
die Feme, nach Kanada, in die USA
und nach Südafrika. Auch denkt er an
ein Jahr Studium in den USA. Er
möchte also noch etwas von der Welt
sehen, bevor er sich seinen Traum er–
füllt: als Lehrer am Gymnasium Füssen
unterrichten.
Wie sehen nun diese fünf jungen
Erwachsenen aus vierjähriger Distanz
ihre Schulzeit? Um es gleich vorweg–
zunehmen - von Verklärung keine
Spur! Axel hätte sich eine intensivere
EDV- und Computerausbildung ge–
wünscht, ohne die, wie er schnell fest–
stellte, „man heute einfach nicht aus–
kommt." Das Erlernen von Fremdspra–
chen hält er für besonders wichtig,
doch fordert er vom schulischen Fremd–
sprachenunterricht mehr Kreativität in
den Methoden und vor ollem eine
stärkere Betonung des Mündlichen.
„Die begnadeten Grommotikpouker
unter meinen Mitschülern sahnten die
guten Noten ab, konnten sich jedoch
häufig mündlich schlecht ausdrücken",
bemängelt Axel. „Die Lehrer müssten
in erster Linie Freude an den Spra–
chen vermitteln."
Mehr Niveau
Die Kritik von Götz zielt auf die zu
große Stofffülle und auf die Anhäu–
fung von Detailwissen ab - insbeson–
dere in der Kollegstufe. Für ein Univer–
sitätsstudium sei es wesentlicher, über
grundlegende Fähigkeiten wie selb–
ständiges Arbeiten, vernetztes Denken
und allgemeine Arbeits- bzw. Lern–
techniken zu verfügen, die in seiner
Schulzeit bis auf wenige Ausnahmen
vernachlässigt wurden . „Auch Team–
geist und Kreativität kamen häufig zu
kurz", ergänzt Cora .
Die Meinungen zur Kollegstufe ge–
hen bei den ehemaligen Abiturienten
deutlich auseinander. In den Augen
von Götz fördere das Kurssystem nur
die Mentalität des Sich-Durchmogelns:
„Durch 15 Punkte in der Theater-AG
konnte so mancher zwei Punkte in
Chemie locker ausgleichen." Markus
hingegen hält es für einen wesentli–
chen Schritt zur eigenen Verantwor–
tung, sich im Alter von 16 oder 17 Jah–
ren auf seine speziellen Fähigkeiten
konzentrieren zu können. Die Fachar–
beit sehen beide als wichtige Ein–
übung ins wissenschaftliche Arbeiten .
Außerboyerische Studenten seien da
oft nicht so firm, meint Götz.
Der Übergang von der Schule zum
Studium oder ins Berufsleben könnte
noch Meinung der jungen Leute auch
dadurch erleichtert werden, dass die
Schule eine bessere Hilfestellung bei
der Berufswahl bietet, indem sie bei–
spielsweise über Praktika, Betriebser–
kundungen oder Berufsbörsen Einblick
in diverse Berufe vermittelt, dadurch
Möglichkeiten aufzeigt und Anregun–
gen gibt. Auch so praktische Aspekte
wie Bewerbungstraining sollten noch
einhelliger Meinung der Befragten auf
dem Gymnasium nicht ausgespart