Hitlers
Mein Kampf
– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit
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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16
Künstlerische Auseinandersetzungen
Eine ganz eigene Form der Auseinandersetzung mit dem
Thema fanden schließlich auch künstlerische Bearbeitun-
gen. Bereits 1943 hatte der Disney-Film
Der Fuehrer’s Face
eine satirische Darstellung der Situation in Deutschland
geboten: In einer Szene bekommt ein einfacher Arbeiter
nicht genug zu essen, wird dafür aber genötigt, in Hitlers
Mein Kampf
zu lesen.
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Auch im Disney-Film „Education
for Death: The Making of the Nazi“ (1943) begegnet
Mein
Kampf
: An einer Stelle erhält ein Paar ein Exemplar, als es
die Geburt seines Sohnes meldet. Hier handelt
es sich wohl um eine Verwechslung mit der
häufigen Überreichung des Buches als offi-
zielles Hochzeitsgeschenk. An einer ande-
ren Stelle verwandelt sich in einer Über-
blendung die „Holy Bible“ in
Mein Kampf
,
um die Gottlosigkeit der NS-Bewegung und
die ideologische Durchdringung des deutschen
Volkes zu symbolisieren.
76
In einem Mickey-Mouse-Heft finden Tick, Trick und
Track, die Neffen von Donald Duck, auf der Müllhalde
ein Exemplar von Hitlers Buch.
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Die Frage, ob und
warum es dorthin gehört, kann in der historisch-politi-
schen Bildung ein Gesprächsanlass sein.
Eine andere Form der zeichnerischen Ausei-
nandersetzung bietet der Webcomic
hipster-
hitler,
der die Kritik an der veräußerlichten
Hipster-Kultur mit ironischen Bezugnah-
men auf das „Dritte Reich“ verbindet.
In coole T-Shirts gekleidet und mit einer
auffallenden Brille versehen, kommt Hitler
mit seinen Gefährten in immer neue Situatio-
nen, die ihn in wenig schmeichelhaftem Licht erscheinen
lassen. So erhält er von Goebbels eine Schreibmaschine,
mit der er
Mein Kampf
schreiben will, um dann wütend
festzustellen, dass die Schrifttype Arial ist und nicht, wie
auf Hitlers T-Shirt gewünscht, heilvetica [!].
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In einer ani-
mierten Sequenz räsonieren Hitler und Goebbels darüber,
wie der stagnierende Absatz von
Mein Kampf
gefördert
werden könnte. Hitler schlägt dem zusehends verzweifel-
ten Goebbels vor, auf soziale Randgruppen wie Behinderte
und Schwarze zu setzen. Diese Formen der Auseinander-
75
https://www.youtube.com/watch?v=bn20oXFrxxg[Stand: 30.06.2016].
76
https://www.youtube.com/watch?v=l14WDZCnz-w[Stand: 30.06.2016].
Für den Hinweis danke ich Michael Hierl.
77 Vgl. den SPIEGEL-Artikel:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/comics-mein-kampf-in-entenhausen-a-349192.html [Stand: 30.06.2016].
78 Vgl.
http://hipsterhitler.com/comics/typewriter/[Stand: 30.06.2016].
setzung führen zu der grundsätzlichen Frage, ob man über
Hitler lachen dürfe. Angesichts dessen, dass dies auf viel-
fältige Weise in der Geschichtskultur geschieht, bietet es
sich an, diese Frage im Unterricht zu thematisieren: „hips-
terhitler“ kann hier als Diskussionsanlass genutzt werden.
Auch die Lesung von Helmut Qualtinger ist im Hin-
blick auf die Idee, die Textauswahl und die schauspieleri-
sche Gestaltung zu den künstlerischen Gestaltungen zu
rechnen,
79
erst recht die ausführliche Kommentierung und
kabarettistische Darstellung durch Serdar Somuncu.
80
So
beginnt er sein Programm mit drei provokativen Fragen
(„Darf man über dieses Buch, Adolf Hitlers Buch
Mein
Kampf
, lachen? Darf man am Ende der Lesung klatschen?
Darf man und kann man zwischendurch ein Nickerchen
halten?“), die er vorab beantwortet und die sich auch für
einen Einstieg in die historisch-politische Bildungsarbeit
eignen. Die Antworten Somuncus können dann im Unter-
richt vorgespielt werden.
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Aufschlussreich sind auch die Erfahrungen des Schau-
spielers und Kabarettisten, die er während seiner Auftritte
gesammelt hat, eröffnen sie doch interessante Einblicke in
die bundesrepublikanische Geschichtskultur.
82
Einen anderen Ansatzpunkt wählte George
Tabori in seinem Drama
Mein Kampf
. Gezeigt
wird die Wandlung Adolf Hitlers vom unta-
lentierten Maler zum antisemitischen Politi-
ker. In seinen Wiener Jahren schließt Hitler
Freundschaft mit dem Juden Shlomo Herzl,
der zu seiner einzigen Bezugsperson, ja zu sei-
nemMentor wird. Dieser überlässt ihm sogar den
Titel seines Romans:
Mein Kampf
. In grotesker Übersprit-
zung wird die Wandlung zum künftigen „Führer“ darge-
stellt, die pikanterweise auf die zwischenmenschliche Für-
sorge eines Juden zurückgeführt wird. Die Farce versucht
das Unerklärliche dramatisch darstellbar zu machen.
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Auf Taboris Vorlage aufbauend, zeigt der gleichnamige
Film aus dem Jahr 2011 Hitlers frühe Wiener Jahre. Unter
der Regie von Urs Odermatt spielen Tom Schilling und
79 Vgl. Adolf Hitler.
Mein Kampf
. Eine Lesung von Helmut Qualtinger, 2 CDs,
Wien 1973.
80 Vgl. Serdar Somuncu liest aus dem Tagebuch eines Massenmörders –
Mein Kampf, CD, Köln 2000.
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https://www.youtube.com/watch?v=qfsmOxkf9AA&nohtml5=False[Stand: 30.06.2016].
82 Serdar Somuncu: Nachlass eines Massenmörders. Auf Lesereise mit „Mein
Kampf“, Bergisch-Gladbach 2002; vgl. a. ders.: Der Adolf in mir – Die Karriere
einer verbotenen Idee, Köln 2015.
83 Vgl. George Tabori: Mein Kampf. Farce, Berlin 1988.
Quellentipp 1:
Disney-Film
„Der Fuehrer’s Face“
(1943)
Quellentipp 2:
Webcomic
hipsterhitler
Quellentipp 3:
George Tabori,
„Mein Kampf“