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Hitlers

Mein Kampf

– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit

22

Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

Mein Kampf –

Entstehung

und Aufbau

Aspekte der Entstehungsgeschichte

„4½ Jahre Kampf gegen Lüge, Dummheit und Feig-

heit“ – dieser ursprünglich geplante Titel wurde nicht

nur wegen der umständlichen Formulierung, die die

Dauer des Ersten Weltkriegs und die Dauer von Hitlers

politischer Tätigkeit nach Kriegsende parallelisierte, von

Hitler aufgegeben, sondern auch deshalb, weil sich das

Erscheinen um ein Jahr verzögert hatte, so dass die zeit-

lichen Bezüge nicht mehr stimmten. Der neue Titel war

zudem dem Umstand geschuldet, dass Hitler im Sommer

1924 sein Konzept veränderte. Ursprünglich als „Abrech-

nung“ mit seinen politischen Gegnern geplant, sollte nun

ein „umfassendes politisches Manifest in biografischem

Gewand“ vorgelegt werden.

37

Die dann dafür gewählte

martialische Formulierung

Mein Kampf

war zeitgenös-

sisch nicht unüblich.

Dies zeigt schon den wenig systematischen, um nicht

zu sagen chaotischen Entstehungsprozess des Buches.

Zwar widmete sich Hitler während seiner komfortablen

Haftzeit in Landsberg am Lech der Abfassung des ersten

Bandes; bis zur Drucklegung wurden die disparat entstan-

denen Teile jedoch immer wieder neu gruppiert und ange-

glichen, so dass der Erscheinungstermin immer wieder

verschoben werden musste: Erst am 18. Juli 1925 erschien

das Buch. Auch der zweite Band, den er bald danach in

Angriff nahm, erforderte, zumal Hitler wieder politisch

tätig war, mehr Zeit als geplant und kam erst am 10.

Dezember 1926 auf den Markt. Hitler konnte auf eigene

Ausarbeitungen zurückgreifen, die er zum Teil schon im

Völkischen Beobachter

, dem Sprachrohr der NSDAP, pub-

liziert hatte. Auch wenn er in Landsberg aus dem Manu-

skript vorlas, von verschiedener Seite Anregungen erhielt

und bei der Abfassung unterstützt wurde, muss

Mein

Kampf

als Hitlers eigenes Werk gelten. Allerdings hat sich

kein Manuskript des Buches erhalten.

37 Zur Entstehungsgeschichte: Hartmann u.a. (wie Anm. 2), Bd. 1, S. 13–20,

Zitat S. 15; ausführlich Plöckinger (wie Anm. 21), S. 9–157, sowie neuer-

dings ders. (Hg.): Quellen und Dokumente zur Geschichte von „Mein Kampf“

1924–1945, Stuttgart 2016.

Das Vorwort als Unterrichtsmaterial

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die

Darstellung der aktuellen Situation Hitlers bei der Abfas-

sung von

Mein Kampf

, wie sie im Vorwort zum Ausdruck

kommt. Hier bietet sich die Arbeit mit einem Faksimile

sowie mit den Kommentaren der kritischen Edition an.

Im Vorwort beschreibt Hitler

nämlich seine aktuelle

Situation nach dem gescheiterten Hitlerputsch, den er zu

einer heroischen Tat stilisiert, und gibt Auskunft über sein

Vorhaben. Im Mittelpunkt steht dabei die Darstellung

der „Ziele unserer Bewegung“ und „meines eigenen Wer-

dens“. Die Kommentare verweisen in knappen Essays auf

den Hitlerputsch und seine Folgen sowie auf die damals

vorliegenden biografischen Informationen über Hitler.

Interessant und diskussionswürdig ist allerdings auch die

Entscheidung der Herausgeber, auf die als Gedenkblatt

gestaltete Widmung für die getöteten Putschisten zu ver-

zichten.

38

38 Adolf Hitler: Mein Kampf. Zwei Bände in einem Band. Ungekürzte Ausgabe,

133.–134. Auflage, München 1935; Hartmann u.a. (wie Anm. 2), Bd. 1, S. 88f.

Die gefassten Putschisten nach dem gescheiterten Hitlerputsch in

München.Von links nach rechts: Freikorpsführer Dr. Friedrich Weber (in

Uniform), Oberstleutnant Hermann Kriebel (in Uniform mit Pickelhaube),

General Erich Ludendorff, Adolf Hitler, Hauptmann Ernst Röhm (in Uni-

form, Hand am Säbelgriff), Oberstleutnant Wilhelm Brückner (in Uniform,

hinter Röhm, im Profil), Oberstleutnant Heinz Pernet (schräg rechts hinter

Röhm). Der Prozess gegen Hitler und die anderen Putschisten fand vor

dem Volksgerichtshof des Landgerichts München I in der Infanterieschule

am Marsplatz statt.

Foto: SZ Photo/Scherl