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21

Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

Hitlers

Mein Kampf

– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit

Materialien

459

Eintritt in ein bayerisches Regiment [172]

daß mein Platz dann dort sein mußte, wo mich die innere Stimme

nun einmal hinwies.

Aus politischen Gründen hatte ich Österreich in erster Linie ver-

lassen39; was war aber nun

#

selbstverständlicher, als daß ich nun,

da der Kampf begann, dieser Gesinnung erst recht Rechnung tragen

mußte.

#

Ich wollte nicht für den Habsburgischen Staat fechten, war

aber bereit, für mein Volk und das dieses verkörpernde Reich jeder-

zeit zu sterben.

Am 3. August reichte ich ein Immediatgesuch an Seine Majestät

KönigLudwig III.40einmitderBitte, ineinbayerischesRegimentein-

treten zu dürfen. Die Kabinettskanzlei hatte in diesen Tagen sicher-

lich nicht wenig zu tun; um so größer war meine Freude, als ich

schon am Tage darauf die Erledigung meines Ansuchens erhielt. Als

ich mit zitternden Händen das Schreiben geöffnet hatte und die Ge-

nehmigung meiner Bitte mit der Aufforderung las, mich bei einem

bayerischen Regiment zu melden, kannte

#

Jubel und Dankbarkeit

keine Grenze

#

. Wenige Tage später trug ich dann den Rock, den ich

erst nach nahezu sechs Jahren wieder ausziehen sollte.41

So, wie wohl für jeden Deutschen, begann nun auch für mich die

unvergeßlichste und größte Zeit meines irdischen Lebens.42 Gegen-

über den Ereignissen dieses gewaltigsten Ringens fiel alles Vergan-

gene in ein schales Nichts zurück. Mit stolzer Wehmut denke ich

gerade in diesen Tagen, da sich zum zehnten Male das gewaltige Ge-

schehen jährt, zurück an diese Wochen des beginnenden Helden-

kampfes unseres Volkes, den mitzumachen mir das Schicksal gnädig

erlaubte.43

WiegesternerstziehtanmirBildumBildvorbei,sehe ichmich im

Kreise meiner lieben Kameraden eingekleidet, dann zum ersten Male

ausrücken, exerzieren usw., bis endlich der Tag des Ausmarsches kam.

Eine einzige Sorge quälte mich in dieser Zeit, mich wie so viele

andere auch, ob wir nicht zu spät zur Front kommen würden. Dies

allein ließ mich oft und oft nicht Ruhe finden. So blieb in jedem

Siegesjubel über eine neue Heldentat ein leiser Tropfen Bitternis

verborgen, schien doch mit jedem neuen Siege die Gefahr unserer

Verzögerung

#

zu steigen.44

1926: gestrichen:nun

1939:

Punkt

ersetztdurch:

Ausrufezeichen

1944:

kannte

ersetztdurch:

kannten

1944:

Grenze

ersetztdurch:

Grenzen

1930:

unsererVerzögerung

ersetztdurch:unseres

Zuspätkommens

43

Über die Entstehung der fol-

genden Passagen zu Hitlers Kriegs-

erlebnissen schrieb Rudolf Heß am

16.5.1924 aus Landsberg an seine

Mutter: »Eben höre ich aus dem ge-

meinsamen Wohn- und Eßzimmer

seine [

Hitlers

] Stimme. Er scheint

mitten im Auffrischen von Kriegser-

lebnissen zu sein, er ahmt Grana-

ten und Maschinengewehre nach,

springt wild im ganzen Zimmer her-

um, fortgerissen von seiner Phan-

tasie.« Am 29.6.1924 berichtete

Heß seiner Verlobten, Hitler habe

ihm die Schilderung seiner »Feuer-

taufe« vorgelesen und sei dabei zu

Tränen gerührt gewesen.

Vgl.Hess,Briefe,ZitateS.324, 341f.

44

Die Eroberung von Lüttich

(16.8.1914) und Brüssel (20.8.1914)

sowie die erfolgreiche Schlacht in

Lothringen (20.–22.8.1914) schie-

nen in Deutschland die Hoffnung

auf einen raschen Sieg zu bestätigen.

Angesichts der Erfolge der 6.Armee

unter Führung des bayerischen

Kronprinzen Rupprecht bei Metz am

20.8.1914 herrschte vor allem in

München große Euphorie.

Vgl.MünchnerNeuesteNachrichten vom

23.8.1914, »DerSieg inLothringen«;Frank-

furterZeitung vom20.8.1914 (2. MA),»Gute

Zuversicht«.

Kolumnentitel der Originalausgabe

Seitenzahl der Originalausgabe

Originaltext der Ausgaben von 1925/27

Anmerkungshochzahl

Raute als Hinweis auf

Textvarianten

Textvarianten verschiedener

Ausgaben

Hinweis:

Alle Quellenauszüge aus

Mein Kampf

im

Folgenden stammen – soweit nicht anders gekenn-

zeichnet – aus der kritischen Edition des Instituts für

Zeitgeschichte, vgl. Christian Hartmann/Thomas Vor-

dermayer/Othmar Plöckinger/Roman Töppel (Hg.):

Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition, im Auf-

trag des Instituts für Zeitgeschichte München – Ber-

lin, 2 Bde., München 2016 (im Folgenden abgekürzt

als KE). Anmerkungen daraus werden nur angegeben,

soweit sie für den didaktischen Vorschlag herangezo-

gen werden. Die Quellen- und Literaturhinweise und

Angaben mit Kurztiteln werden beibehalten. Unbe-

rücksichtigt bleiben die Textvarianten, die Rauten im

Text als Hinweis darauf werden wiedergegeben.

Quelle: Christian Hartmann/Thomas Vordermayer/Othmar Plöckinger/

Roman Töppel (Hg.): Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition, im Auftrag

des Instituts für Zeitgeschichte München – Berlin, München 2016, 2 Bde.,

hier Bd. 1, S. 80.