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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

Hitlers

Mein Kampf

– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit

Kritische Ausgabe des Instituts für Zeitgeschichte

Einleitung

458

1.Band | 5.Kapitel | Der Weltkrieg

39

Diesen Satz hat Hitler wiederholt

umformuliert. Er wurde später von

seinen Gegnern oft aufgegriffen, da

er Fragen nach seinem Militärdienst

aufwarf. Ob Hitler nach München

umzog, um der Stellungspflicht in

Österreich zu entgehen, ist nach wie

vor umstritten. Belegt ist, dass er

sich am 5.2.1914 in Salzburg einer

Nachmusterung unterziehen musste

und dabei für »waffenuntauglich«

befunden wurde. Als sicher gelten

darf zudem, dass der Zeitpunkt

von Hitlers Umzug im Mai 1913 kei-

neswegs nur »politische«, sondern

in erster Linie ökonomische Grün-

de hatte: Sein väterliches Erbe konn-

te erst an seinem 24. Geburtstag

(20.4.1913) ausgezahlt werden.

Vgl.Plöckinger,Texte,S.96–110;Plöckin-

ger,Geschichte,S.72, 77, 159f.,208;Kap. I/4,

Anm. 1.

40

Ludwig III. von Bayern (1845–

1921), 1912/13 Prinzregent für seinen

geisteskranken Cousin König Otto I.,

1913–1918 letzter König von Bayern.

41

Hitlers Darstellung ist aus meh-

reren Gründen unglaubwürdig: Ers-

tens war nicht die Kabinettskanzlei

ermächtigt, Ausländer als Freiwil-

lige anzunehmen, sondern allein das

Kriegsministerium; Hitler war zu

dieser Zeit noch österreichischer

Staatsbürger. Zweitens ist es äußerst

unwahrscheinlich, dass die Beam-

ten in der Situation des Kriegsaus-

bruchs Hitlers Gesuch innerhalb

eines Tages bearbeiteten, beantwor-

teten und ihm zustellten. Drittens

haben sich keine Belege für die-

ses Immediatgesuch erhalten, ob-

wohl das Bayerische Kriegsarchiv

schon 1924 danach geforscht hat.

Und viertens kam Hitler erst am

16.8.1914 zum Ersatz-Bataillon des

2. Infanterie-Regiments, also knapp

zwei Wochen nach der angeblichen

Genehmigung seines Immediat-

gesuchs. Sehr wahrscheinlich melde-

te sich Hitler Anfang August 1914

einfach beim nächstliegenden Trup-

penteil und wurde angenommen.

Ob dabei seine österreichische Staats-

bürgerschaft übersehen wurde, ist

unklar; möglicherweise profitierte

Hitler auch entscheidend von dem

»juristischen Rat«, den ihm der

Assessor Ernst Hepp in dieser Sache

erteilt hatte. Am 1.9.1914 wurde

er schließlich der 1. Kompanie des

Reserve-Infanterie-Regiments Nr.16

zugewiesen.

Vgl.BayHStA,Kriegsarchiv,Bay.Reserve-Infan-

terie-RegimentNr. 16, 3046.KrStR,Bd.2,Ein-

trag 1062; Joachimsthaler,Weg,S.100–108;

Kershaw,Hitler,Bd. 1,S.128f.;Weber,Krieg,

S.25f.;Plöckinger,Soldaten,S.28;Pyta,

Hitler,ZitatS.122.

42

In der Weimarer Republik prägte

die Glorifizierung des Kriegserleb-

nisses die Erinnerung an den Ersten

Weltkrieg. In Rechtfertigungsschrif-

ten hoher Militärs, aber auch in amt-

lichen Publikationen wie

Der Welt-

krieg 1914–1918

dominierte zunächst

der »Blick von oben«. Daneben aber

entwickelte sich eine andere literari-

sche Erinnerung an den Weltkrieg,

die auch Vertreter des »soldatischen

Nationalismus« wie Franz Schau-

wecker oder Ernst Jünger einschloss.

Mit ihren realitätsnahen »Reporta-

gen« vom Schlachtfeld waren sie

eine Herausforderung für die amtli-

che Militärgeschichtsschreibung des

1919 gegründeten Reichsarchivs, das

zunächst ganz in der Tradition der

Operationsgeschichtsschreibung des

Großen Generalstabs stand. Am

3.5.1924 konstatierte die Nachrich-

tenstelle im Reichswehrministerium

in einem Schreiben an das Reichsar-

chiv, dass sich das »Erstarken der

nationalen Idee und die Sehnsucht

nach Wiederbelebung der Wehrfä-

higkeit unseres Volkes« unter ande-

rem an »dem zur Zeit bestehenden

Verlangen nach Veröffentlichung

von Kriegserinnerungen« zeige; die-

sem müsse das Reichsarchiv nun

verstärkt Rechnung tragen. Um die

nationalistisch-heroisierende Deu-

tungshoheit über das »Fronterleb-

nis« nicht zu gefährden, begann das

Reichsarchiv, seine Schriftenreihen

zu diversifizieren; sie trugen entwe-

der amtlichen Charakter wie

Der

Weltkrieg 1914–1918

, sollten das po-

puläre Interesse am Krieg bedienen,

etwa in Form der

Schlachten des Welt-

krieges

, oder unterstützten die Vetera-

nenpublizistik, die mehrere Hundert

Erinnerungsblätter

umfasste.

Vgl.Möser,Kriegsgeschichte,S.43,45;

Müller,Krieg,S.21–35;Ulrich,Perspektive,

S.52ff.;Hettling/Jeismann,Weltkrieg,

S.209–212;Ulrich/Ziemann (Hrsg.),Krieg,

S.63f., 77,ZitatS.69;Pöhlmann,Kriegsge-

schichte,S.79ff.

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