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Die Gesundheitsberichte des Landgerichtsarztes Dr. Schleis von Löwenfeld (1772-1852)
Einsichten und Perspektiven 3 | 17
die „Abdeckerei“, also die Tierkadaverbeseitigung, sollte
abgeschafft werden, giftige Pflanzen sollten vermindert
oder ausgerottet werden. Die Errichtung neuer Brunnen
auf dem Land sei ein dringendes Bedürfnis, schädlich und
nachteilig sei es, dass jedem Bürger das Bierbrauen erlaubt
sei. Er spricht auch die schlechten, manchmal sogar lebens-
gefährlichen Wege an und hält eine strengere polizeiliche
Kontrolle von Tanzveranstaltungen für notwendig.
Ehen sollten nicht zwischen Personen mit zu großem
Altersunterschied und ohne Vorlage eines ärztlichen Attes-
tes geschlossen werden können. Schulgebäude seien noch
nicht in dem Zustand, wie sie gemäß der Schülerzahl und
den Gesetzen der Gesundheitspflege sein sollten. Er wen-
det sich gegen körperliche Züchtigungen bei der Erziehung
und berichtet über daraus resultierende Verletzungen von
Kindern. Weiter fordert er zum Bau von Leichenhäusern
auf, gegen die es Widerstände gebe. Wenn das Armen-,
Seel- und Siechenhaus in ein Gebäude vereint würden,
könnte ein allgemeines Krankenhaus entstehen. Den
Wundärzten solle die Behandlung von Tierkrankheiten
übertragen werden, da sie geeigneter und fähiger wären
als „Scharlatane und Pfuscher“ wie Schmiede, Schäfer und
Hirten. Generell solle die Arbeit von Wundärzten und
Hebammen besser gewürdigt und bezahlt werden.
Von der Sulzbacher Topographie wurden 102 Exemp-
lare gedruckt, die an 23 andere Amtsärzte in Bayern, einige
Wundärzte in Sulzbach und umliegenden Ortschaften,
drei Pfarrer, einen Apotheker sowie an Verwaltungs- und
Justizstellen gingen. Zehn Exemplare erhielt der Vertrieb
des Oberpfälzer Wochenblattes, 18 die Universitätsbuch-
handlung in Landshut. Jan Brügelmann, der sich im
Rahmen einer Dissertation eingehend mit medizinischen
Topographien zwischen 1779 und 1850 befasst und diese
Auswertung vorgenommen hat, führt die vergleichsweise
verstärkt überregionale Distribution dieser Arbeit auf die
Bekanntheit des Autors zurück.
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Dieser habe womöglich
auch von den guten Beziehungen des Vaters profitiert.
Die „Medizinische Topographie vom Landgericht Sulz-
bach“ ist dem Medizinhistoriker Wolfgang Locher zufolge
in Fachkreisen mit viel Lob bedacht worden, auch der
König habe sich in einem Handschreiben für das „ange-
nehme Geschenk“ bedankt und der Überzeugung Aus-
druck gegeben, „das von dem Physikus Schleis übersandte
Werk wird jedem Vaterlandsfreund willkommen seyn“.
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Die Königliche Landesdirektion der Oberpfalz bestä-
31 Brügelmann (wie Anm. 26), S.53-57.
32 Zit. n. Locher (wie Anm. 3), S. 22.
tigte den Erhalt eines Exemplars und „bezeugt hiermit
dem Verfasser das allerhöchste Wohlgefallen über seinen
Fleiß und das gemeinnützige Resultat seiner gesammelten
Erfahrungen und Beobachtungen um so mehr, da der Ver-
fasser der erste ist, welcher diesen Gegenstand der Physi-
katsinstruktion bearbeitet hat.“
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Dass aber noch nicht alle zeitgenössischen Institutionen
und Zeitgenossen schon die Modernität des Schleis’schen
Werkes erkannten, zeigt, dass eine im Jahr der Heraus-
gabe erschienene Buchbesprechung in der Neuen Leipzi-
ger Literaturzeitung nicht uneingeschränkt positiv ausfiel:
Soviel statistisches und naturhistorisches Detail in einem
Bändchen über einen kleinen Ort sei höchstens für Geo-
graphen, Statistiker und Naturforscher wichtig, nicht aber
für den Arzt, der davon keinen Nutzen habe. Damit solle
sich eine Medizinische Topographie nicht beschäftigen.
Abschließend wird dem Verfasser aber für eine Menge
Belehrungen und für eine sehr angenehme Unterhaltung
gedankt und der Wunsch geäußert, er möge viele Nach-
folger finden. Einige Abschnitte in seinem Werk gehörten
zu dem Besten, was die Literatur in diesem Fach besitze.
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Als Landgerichtsarzt in Amberg
Am 6. Oktober 1809 wurde Schleis von Löwenfeld
zum Landgerichtsarzt in Amberg ernannt, damals die
rund 9.000 Einwohner zählende Hauptstadt des 1808
neu gebildeten Naabkreises. Er hatte sich hier mit Fleck-
fieber-Epidemien zu befassen, die während der kriegeri-
schen Auseinandersetzungen zwischen französischen und
österreichischen Truppen auftraten. Überliefert ist seine
aufopferungsvolle Behandlung von Typhuskranken 1814,
als 40.000 russische Soldaten durch Amberg gezogen sei-
en.
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Sie gehörten zu den alliierten Armeen, die nach der
Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 den geschla-
genen Napoleon bis nach Paris verfolgten und schließlich
mit dem Sieg in der Schlacht von Waterloo am 18. Juni
1815 seine Herrschaft über Europa beendeten.
Privat war dieses Jahr ebenfalls von wesentlichen Ver-
änderungen geprägt: Kurz nach der Geburt des zweiten
Sohnes Karl verstarb seine Frau Eusebia. Noch im glei-
chen Jahr heiratete er - sicherlich auch im Hinblick auf die
33 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Ordensakte 12841, Gesuch
Christoph Schleis von Löwenfelds um Verleihung des Bayerischen Zivilver-
dienstordens, dat. 25.3.1816. Darin zitiert Dankschreiben der Königlichen
Landesdirektion der Oberpfalz, dat. Amberg, 11.02.1806.
34 Neue Leipziger Literaturzeitung 4. Band, Oktober-Dezember 1806, Buch-
besprechung „Medicinische Topographie“, S. 2441-2445.
35 Dollacker (wie Anm. 17), S. 57.