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Einsichten und Perspektiven 3 | 17

709 Sitze

CDU: 200

SPD: 153

DIE LINKE: 69

GRÜNE: 67

CSU: 46

FDP: 80

AfD: 94

nutzte Martin Schulz, um

in einem Brief an Angela

Merkel ein zweites Duell

zu fordern, was diese aber

ablehnte.

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Vor dem Hintergrund

des Ergebnisses der Bun-

destagswahl lässt sich fest-

halten, dass das TV-Duell

2017 das Duell der bei-

den großen Wahlverlierer

war. Ob, und wenn ja in

welchem Ausmaß dieses

Duell den Parteien Stim-

mengewinne oder -verluste

beschert hat, kann an die-

ser Stelle nicht beantwortet

werden. Sicher ist aber, dass das Duell die Themenagenda

des Wahlkampfs noch einmal beeinflusst hat - und das

nicht zu Gunsten beider Duellanten. Das Stimmungsbild

vor und nach dem Duell und eine Konstellation, in der

zwei Kandidaten der regierungstragenden Parteien gegenei-

nander antraten, haben dazu geführt, dass das Duell weder

als Wendepunkt noch als retardierendes Moment in der

Dramaturgie des Wahlkampfs fungieren konnte.

Information und Mobilisierung durch TV-Duelle?

Der Begriffdes „Duells“, der kriegerischenAuseinanderset-

zung oder zumindest des rhetorischen Schlagabtauschs unter

der Gürtellinie, passt nicht zur Kultur des deutschen Kanzler-

duells – und wird von den Zuschauerinnen und Zuschauern

auch gar nicht präferiert. Selbst beim amerikanischen Vorbild

ist die Rede von der debate. Eine solche Debatte, die tatsäch-

lich Raum für sachliche Kontroversen zwischen den Spitzen-

kandidaten zulässt, wurde bei der Bundestagswahl 2017 in

Teilen geleistet – häufig erlaubte das durch die abwechselnde

Moderation geprägte Setting aber keine Diskussion zwischen

den Spitzenkandidaten von CDU und SPD. In der Mobili-

sierungsphase des Wahlkampfes und zwischen vielen weite-

ren Offline- und Online-Wahlkampfformaten der Parteien

hat das TV-Duell als reichweitenstärkstes Instrument auch

im Jahr 2017 gerade uninformierte und unentschlossene

Wählerinnen und Wähler erreicht. Wirkung auf die Wahl-

entscheidung erzielenTV-Duelle zwar weniger bei den bereits

entschlossenen oder einer Partei nahestehenden Bürgerinnen

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Zeit.de

v. 13.09.2017: Merkel lehnt zweites TV-Duell ab, online abrufbar

unter:

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-09/bundestagswahl-

angela-merkel-martin-schulz-tv-duell-ablehnung [Stand: 18.09.2017].

und Bürgern, sehr wohl aber bei den noch nicht entschlosse-

nen. Die aus demokratischer Perspektive wünschenswerteste

Auswirkung können TV-Duelle auf die Wahlbeteiligung

haben. Auf jene Zuschauer, die ohnehin bereits mit einer

bestimmten Partei stark sympathisieren, kann es zumindest

mobilisierend wirken und damit auch noch einmal einen

positiven Ausschlag für den Wahlkampf geben. Aus die-

sem Grund sind die Duelle als ‚Mobilisierungsgaranten’ im

deutschen Wahlkampf eigentlich nicht mehr wegzudenken.

Bei politisch eher uninteressierten Zuschauern können die

Duelle zudem die Einstellungen zu Politik im Allgemeinen

verbessern.

Ein Wendepunkt im Wahlkampf zum 19. Deutschen

Bundestag war das einzige direkte Aufeinandertreffen von

Angela Merkel und Martin Schulz jedoch nicht. Die Kri-

tik an der Organisation, dem Format, den nicht deutlich

gewordenen argumentativen Differenzen zwischen den

Kandidaten sowie der Themenauswahl der Moderatoren

dominierte die Nachberichterstattung zum Duell. Das

könnte auch das Wirkungspotenzial dieses TV-Duells

beeinflusst haben. Betrachtet man den Kontext des gesam-

ten Bundestagswahlkampfs, erscheint es daher unwahr-

scheinlich, dass das TV-Duell der wichtigste kurzfristige

Faktor war, der den Wahlausgang beeinflusst hat. Mit dem

Ergebnis der Bundestagswahl im Blick, hatte das Duell zwei

Verlierer. Vor dem Hintergrund der Kritik an diesem TV-

Duell im Bundestagswahlkampf 2017 stellt sich für Wahl-

kämpfer, Journalisten und nicht zuletzt Bürgerinnen und

Bürger daher umso deutlicher die Frage, wie dieses For-

mat gestaltet werden sollte, damit es sein „demokratisches

Potenzial“ ausnutzen kann.

Sitzverteilung Bundestagswahl 2017, Deutschland

(vorläufiges Ergebnis)

Das TV-Duell im Bundestagswahlkampf 2017

Quelle: Der Bundeswahlleiter, Wiesbaden 2017