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Einsichten und Perspektiven 3 | 17

meeting“ mit Publikumsbeteiligung, eine Aufteilung der vier

Moderatoren in jeweils zwei Paare – all diese Ideen wurden im

Nachhinein nicht realisiert, obwohl die austragenden Sender

zunächst in einer Pressekonferenz ankündigten, zumindest

den letzten Punkt umsetzen zu wollen. Diese aus Sicht der

Sender „redaktionelle Entscheidung“ wurde aber von Mer-

kels Regierungssprecher noch einmal infrage gestellt. Zu die-

ser Frage sei noch keine Einigung gefunden worden. Letzten

Endes hielten die Sender am bereits bekannten Format mit

einer Sendung ohne Publikumsbeteiligung und vier Mode-

ratoren fest. Den Ausschlag dafür soll gegeben haben, dass

Merkel ihre Teilnahme an das altbekannte Format gebunden

habe.

43

Die so bekanntgewordenen Details des Verhandlungs-

prozesses zwischen den Fernsehsendern und den Teams von

Merkel und Schulz wurden von vielen Seiten scharf kritisiert.

Neben dem Herausforderer, der auch die Beteiligung von

Mitarbeitern der Bundesregierung kritisierte, nannte der ehe-

malige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender das so zustande

gekommene Format gar eine „Missgeburt“.

44

Der Bundesvor-

sitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall,

urteilte in einer Pressemitteilung, „auf ein Duell, das nach den

Vorgaben von Merkel gestaltet worden sei, hätte man besser

verzichtet“.

45

Wie bereits aufgezeigt wurde, ist es das übli-

che Vorgehen, dass die Modalitäten und Regeln des Duells

in freien Verhandlungen zwischen den Sendern und den

Kandidaten stattfinden. Da sich Herausforderer in der Regel

mehr Aufmerksamkeit von einem Auftritt erhoffen und das

für etwas unbekanntere Teilnehmer gewinnbringender ist,

sind Amtsinhaber in einer besseren Verhandlungslage. Dieser

Konflikt um das TV-Duell zwischen Merkel und Schulz ver-

deutlicht daher einmal mehr, dass die Organisation der Duelle

vonWahlkampftaktiken und Konflikten geprägt ist.

43 Vgl. zum Konflikt

Faz.net.

04.07.2017: Merkel und Schulz einigen sich mit

Sendern, online abrufbar unter:

http://www.faz.net/aktuell/politik/bundes-

tagswahl/parteien-und-kandidaten/tv-duell-zur-bundestagswahl-merkel-

und-schulz-einigen-sich-mit-sendern-15090810.html [Stand: 18.09.2017];

Zeit Online v. 25.4.2017: Nur ein TV-Duell zwischen Schulz und Merkel

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/bundestagswahl-tv-duell-

angela-merkel-martin-schulz [Stand: 18.09.2017]; Nico Fried: CDU und

SPD streiten um Kanzler-Duell,

Sueddeutsche.de

v. 15.5.2017, online abruf-

bar unter:

http://www.sueddeutsche.de/medien/bundestagswahl-umstrit-

tenes-streitgespraech-1.3505191 [Stand: 18.09.2017]; Stefan Niggemeier:

Merkel macht’s nur zu sechst: Die bizarren Verhandlungen ums TV-Duell,

übermedien.de

v. 04.06.2017, online abrufbar unter: http://uebermedien.

de/17276/merkel-machts-nur-zu-sechst-die-bizarren-verhandlungen-

ums-tv-duell/ [Stand: 18.09.2017];

Welt.de

v. 26.08.2017 (wie Anm. 2);

Deutscher Journalisten-Verband (wie Anm. 2).

44 Spiegel Online v. 26.08.2017: Ex-ZDF-Chefredakteur Brender wirft Mer-

kel Erpressung vor, online abrufbar unter:

http://www.spiegel.de/politik/

deutschland/angela-merkel-ex-zdf-chefredakteur-brender-wirft-kanzle-

rin-erpressung-vor-a-1164679.html [Stand: 18.09.2017].

45 Vgl. Deutscher Journalisten-Verband (wie Anm. 2).

Wahlkampfphasen und die Position von TV-Duellen

Das TV-Duell im Bundestagswahlkampf 2017

Identifikation

Information

Mobilisierung

So konflikthaft, wie die Verhandlungen zum TV-Duell

also häufig sind, das Aufeinandertreffen von Angela Merkel

und Martin Schulz am 3. September 2017 wurde keinesfalls

als besonders kontrovers wahrgenommen. Einen Schlagab-

tausch und eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen

Argumente beider Kandidaten hat es demnach nur in weni-

gen Momenten des Duells gegeben. Insgesamt wurde Mer-

kels Auftritt als sicher und besser als in früheren Duellen

bewertet, Schulz hingegen konnte trotz eines guten Auftritts

der hohen Erwartungshaltung, noch einmal eine Wende

herbeiführen zu können, nicht gerecht werden. Insgesamt

war die Debatte von einer demokratischen Gesprächskultur

zwischen den beiden Spitzenkandidaten geprägt, in der es

nicht um ein „Duellieren“ ging. Die sonst dominante Frage

nach dem Gewinner des Duells war zwar auch dieses Mal

ein wichtiges Element der Nachberichterstattung – Mer-

kel wurde hier tendenziell etwas besser bewertet. Vielmehr

wurde aber das Format, das Verhalten der Moderatoren,

die einseitige Fragenauswahl, zu wenig Differenzen der bei-

den Kandidaten und das Fehlen eines echten Austauschs

von Argumenten kritisiert.

46

Die Netz-Debatte ums Duell

dominierte wiederum der Hashtag #fragendiefehlen, unter

dem Nutzer Fragen posteten, die sie als Moderatoren den

Kontrahenten gestellt hätten. Die breite Kritik an der The-

menauswahl, die auch die beiden Kontrahenten äußerten,

46 Vgl. zur Nachberichterstattung

Sueddeutsche.de

v. 04.09.2017: „Hageres

Sprachpüree“. Presseschau zum TV-Duell, online abrufbar unter: http://www.

sueddeutsche.de/medien/presseschau-zum-tv-duell-hageres-sprachpue-

ree-1.3652082 [Stand: 18.09.2017]; Zeit Online v. 04.09.2017: „Schulz prallte

an Merkel ab“. Internationale Presseschau, online abrufbar unter: http://www.

zeit.de/politik/deutschland/2017-09/internationale-presseschau-fernsehde-

batte-kanzlerkandidaten-bundestagswahl [Stand: 18.09.2017].

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