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Einsichten und Perspektiven 3 | 17

Christian Nitsche

(Moderator), Sonia

Seymour Mikich

(Moderatorin), Sahra

Wagenknecht (Frak-

tionsvorsitzende im

Deutschen Bundes-

tag, DIE LINKE), Cem

Özdemir (Parteivor-

sitzender, BÜNDNIS

90 / DIE GRÜNEN),

Joachim Herrmann

(Innenminister des

Freistaates Bayern,

CSU), Christian

Lindner (Parteivor-

sitzender, FDP) und

Alice Weidel (AfD

Spitzenkandidatin für

die Bundestagswahl

2017) im „Fünfkampf“

am 04. September

2017

Foto: ullstein bild/

Müller-Stauffenberg

entscheidung und Wahlbeteiligung sowie mediale Berichter-

stattung haben und welche Strategien in den Sendungen von

Kandidaten und Parteien verwendet werden.

Allem voran lässt sich feststellen, dass Fernsehdebatten das

Potenzial besitzen, die Images der Kandidaten und auch die

Wahlabsichten der Zuschauer zu ändern. Maurer und Reine-

mann kamen zu dem Schluss, dass das Kanzlerduell im Bun-

destagswahlkampf 2005 sogar das Zünglein an der Waage

war. Wie viel Einfluss eine Debatte auf denWahlausgang hat,

hängt dabei aber vom Zeitpunkt und der Ausgangslage vor

dem Duell ab. Allgemein können sich Kandidaten bei einem

guten Auftritt einen Imagegewinn, jedoch nur in deutlich

geringerem Maße einen Stimmgewinn erhoffen.

5

Am meis-

ten profitieren die weniger bekannten Kandidaten, die sich

mit den Duellen Aufmerksamkeit verschaffen können und so

häufig ihr Image aufbessern. Einen Imageverlust haben auch

Amtsinhaber in der Regel nicht zu befürchten.

6

Viel wichti-

ger ist aber, dass die Politikwissenschaft auch positive Effekte

der Debatten auf die Demokratie feststellen konnte. Fern-

sehdebatten können nämlich die Einstellung der Zuschauer

5 Vgl. Marcus Maurer/Carsten Reinemann: Warum TV-Duelle Wahlen ent-

scheiden können. Befunde und Konsequenzen der TV-Duell-Studie 2005,

in: Schröder gegen Merkel. Wahrnehmung und Wirkung des TV-Duells

2005 im Ost-West-Vergleich, hg. v. Marcus Maurer/Carsten Reinemann/

Jürgen Maier/Michaela Maier, Wiesbaden 2007, S. 229-246, hier S. 246.

6 Vgl. André Blais/Andrea M. L. Perella: Systemic Effects of Televised Candi-

dates’ Debates, in: The International Journal of Press/Politics 13 (2008), S.

451-464, hier S. 460.

zum politischen System verbessern, Informationen über

Politik im Allgemeinen und die Kandidaten im Besonderen

vermitteln und Zuschauer motivieren, wählen zu gehen.

7

Besonders bei politisch eher uninteressierten Zuschauern

können die TV-Duelle daher wie eine Art „Lehrstunde der

Demokratie“ wirken.

8

Dadurch, dass sich diese Rezipienten

nach den Debatten subjektiv kompetenter fühlen und sogar

objektiv mehr Wissen erlangen, bekommen sie das Gefühl,

dass politische Akteure responsiv handeln.

9

Vor allem des-

halb wird TV-Debatten auch ein „demokratisches Potenzial“

zugesprochen.

10

Einige Studien haben jedoch gegenteilige

Ergebnisse hervorgebracht. Sicher ist aber ohne Frage, dass

die positive Wirkung von TV-Duellen auf die demokratische

7 Vgl. Kenneth D. Wald/Michael B Lupfer: The Presidential Debate As a Civics

Lesson, in: Public Opinion Quarterly 42 (1978), H. 3, S. 342-353; Thomas

M. Holbrook: Political Learning from Presidential Debates, in: Political Be-

havior 21 (1999), H. 1, S. 67-89; Jürgen Maier/Thorsten/Michaela Maier:

Mobilisierung durch Fernsehdebatten: Zum Einfluss des TV-Duells 2009 auf

die politische Involvierung und die Partizipationsbereitschaft, in: Wahlen

und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2009, hg. v. Bern-

hard Weßels/Harald Schoen/Oscar W. Gabriel, Wiesbaden 2013, S. 79-96.;

Jan Dinter/Kristina Weissenbach: Alles Neu! Das Experiment TV-Debatte im

Europawahlkampf 2014, in: Die Europawahl 2014. Spitzenkandidaten, Pro-

testparteien, Nichtwähler, hg. v. Michael Kaeding/Niko Switek, Wiesbaden

2015, S. 233-246; mit gegenteiligen Ergebnissen: David Weaver/Dan Drew:

Voter Learning in the 2004 Presidential Election: Did the Media Matter?, in:

Journalism & Mass Communication Quarterly 83 (2006), H. 1, S. 25-42.

8 Vgl. Holbrook (wie Anm. 7); Maurer/Reinemann (wie Anm. 5).

9 Vgl. Maier/Faas/Maier (wie Anm. 7), S. 90.

10 Maurer/Reinemann (wie Anm. 5), S. 246.

Das TV-Duell im Bundestagswahlkampf 2017