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Über die gesellschaftliche Bedeutung des Amateurfußballs

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

ner 2010 erschienenen Diplomarbeit erhobenen Daten

verdeutlichten eine beachtliche Heterogenität innerhalb

von Vereinsmannschaften des Amateurfußballs.

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An den

Wochenenden tritt auf deutschen Amateurfußballplätzen

regelmäßig ein, was in vielen gesellschaftlichen Situatio-

nen nicht als normal gelten kann: So erteilt zum Beispiel

der 20-jährige Einzelhandelskaufmann-Azubi dem deut-

lich älteren, beruflich erfolgreichen Akademiker auf dem

Platz einen „Rüffel“ für ein schlechtes Abspiel – gemäß

seinem Status als unzweifelhaft fußballerisch überlegener

Spieler ist das in dieser sozialen Umgebung auch legitim.

Der Amateurfußball bringt eben auf und neben dem Fuß-

ballplatz Menschen zusammen, die sich in ihrer sozialen

Realität kaum bis gar nicht begegnen und schafft sich

dabei einen eigenen Mikrokosmos, in dem ganz eigene

Normen gelten und in dessen Rahmen zudem Vorurteile

gegenüber dem Unbekannten abgebaut werden können.

In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Amateurfußball

von vielen anderen Amateursportarten. Die Communities

von Sportarten wie z.B. Golf oder Tennis scheinen – trotz-

dem dort in der jüngeren Vergangenheit zarte Öffnungs-

versuche zu beobachten sind – hinsichtlich ihrer Zusam-

mensetzung immer noch deutlich homogener zu sein.

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Vgl. Tim Frohwein: Amateurfußballvereine als Orte der Mobilisation sozia- len Kapitals, o.O. 2011, S. 51. verfügbar unter: http://www.zhb.tu-dortmund. de/wilkesmann/fussball/_publi/Frohwein_2011.pdf [Stand: 10.02.2017].

Amateurfußballvereine als Orte des Austauschs und

der Integration

Gerade die sozialen Aktivitäten von Vereinsmitgliedern

außerhalb des Fußballplatzes sind in vielerlei Hinsicht

interessant. An Mannschaftsabenden, auf Vereinsfeiern

oder beim geselligen Beisammensitzen im Vereinsheim

nach Trainingsende kommt es zu einem Austausch, der

über das rein Sportliche hinausgeht – und von dem die

Beteiligten durchaus profitieren können. Ergebnisse der

o.g. Studie zeigen beispielsweise, dass Amateurfußballer

von ihren Vereinsnetzwerken sowohl in emotionaler, aber

noch viel stärker in instrumenteller Hinsicht profitieren:

So gab jeder Zweite der rund 200 befragten Fußballer an,

emotionale Probleme mit Vereinskameraden zu bespre-

chen; zum anderen werden Vereinsnetzwerke von den

Befragten auch dazu genutzt, um an Dienstleistungen,

Wohnungen oder Jobs zu gelangen.

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Auf diese Weise gelingt zum Beispiel vielen fußballbe-

gabten Personen, die erst vor kurzem nach Deutschland

immigriert sind, der Einstieg in den Arbeitsmarkt. In

einer DFB-Broschüre berichtet beispielsweise Dirk Ewert,

Integrationsbeauftragter bei einem deutschen Amateur-

fußballklub, dass man alleine in seinem Verein in den

vergangenen drei Jahren 20 Flüchtlingen zu einem Job

28 Vgl. ebd., S. 52.

Foto: Tim Frohwein