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Katar: Im Anfang war das Öl
Einsichten und Perspektiven 3 | 15
Dritteln vom Volk gewählt werden – eine Wahl aber hat in
realiter noch nie stattgefunden. Bisher wurden alle Mitglie-
der der Versammlung stets vom Emir ernannt und Wahlen
als entferntes Ziel in die Zukunft verschoben. Das fakti-
sche Wahlrecht der katarischen Bürger beschränkt sich auf
Gemeinderäte sowie Vertreter der Industrie- und Handels-
kammern. Politikwissenschaftler Keane erklärt, wozu die
Rhetorik der Demokratie dienen soll: Ein „demokratischer
Flair“ stärke die öffentliche Autorität.
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Konkret werde von
den Bürgern aber „erwartet, dass sie folgsam und in einem
Kreislauf aus Arbeit, Familienleben, Konsum und ande-
ren privaten Formen der Selbstfeier gefangen bleiben“. Er
schließt: „Vom Volk erwartet man Gehorsam und die Ein-
sicht, dass es mit Politik nichts zu schaffen hat.“
Geschichte eines „Zwischendings“
Dieses Prinzip funktioniert am Golf vielleicht auch des-
halb so gut, weil keinerlei „demokratische Hypotheken“
aus der Geschichte im Weg stehen. Katar ist zwar ein sehr
junger Staat, der erst 1971 offiziell gegründet wurde, doch
die herrschende Familie Al Thani zieht seit 250 Jahren die
Fäden im Land: Um 1760 n.Chr. zogen nomadische Bedu-
inenstämme aus dem Inneren der Arabischen Halbinsel
auf heutiges katarisches Staatsgebiet, darunter auch der Al
Thani-Clan. Er gründete das Dorf
al-Bid
, Kern der heu-
tigen Hauptstadt Doha, baute seine Macht unter Scheich
Mohammad, dem Begründer der politischen Dynastie, von
dort über die ganze Halbinsel aus und erging sich in Stam-
mesfehden: Mit der Familie Al Khalifa, die 1783 Bahrain
eroberte, trug man einen Jahrhunderte währenden Macht-
konflikt aus.
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Zu Ende des 18. Jahrhunderts schließlich
überfielen saudische Wahhabiten die Halbinsel Katar und
eroberten die Siedlung
al-Bid
. Die Al Thanis konnten das
Dorf zurückgewinnen, doch seither haben die Wahhabi-
ten großen Einfluss auf Katar;
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zu Saudi-Arabien pflegt
19 Keane (wie Anm. 17), S. 19.
20 1867 eskalierte ein Machtkampf der arabischen Familien Al Thani und Al
Khalifa um die Herrschaft in Katar. Großbritannien griff in den Konflikt
ein und erzwang einen Frieden, der die Al Thanis – flankiert von einem
englischen Schutzvertrag auch offiziell anerkannt – als Herrscherfamilie
stützte. Eine endgültige Trennung der Einflussregionen Bahrain und Katar
erfolgte im Dezember 1878.
21 Die Übernahme des Wahhabismus als Religion war eine proaktive Re-
aktion auf den saudischen Expansionismus. Vielleicht aus diesem Grund
spielte der Wahhabismus in Katar nie die staatslegitimierende Rolle wie
in Saudi-Arabien. Vgl. Kropf (wie Anm. 11).
US-Präsident Barack Obama begrüßt Seine Hoheit Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, Emir des Staates Katar, Washington, Mai 2015.
Foto: ddp images