Table of Contents Table of Contents
Previous Page  489 / 641 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 489 / 641 Next Page
Page Background

60

Ringbuch Inklusion zum Nachschlagen, Teil B, Stand Juli 2015

Ursache der nachteiligen Entwicklung können auch zu hohe Erwartungen der

Erziehungsberechtigten an ihr Kind oder an die inklusive Beschulung sein (z.B.

wenn versucht wird, die Lernziele zu erreichen, obgleich das Kind überfordert

ist). Hier muss die Schule die Erziehungsberechtigten auf die Überforderung des

Kindes hinweisen und Entlastungsmöglichkeiten für den Schüler aufzeigen. Dies

kann an Grund- und Mittelschulen insbesondere durch abweichende Lernziele,

Notenaussetzung oder durch reduzierte Hausaufgaben erfolgen. Sofern die

Erziehungsberechtigten

mit

den

Entlastungsmöglichkeiten

durch

Notenaussetzung und Lernzieldifferenz nicht einverstanden sind, sind sie darauf

hinzuweisen, dass bei einer zu erwartenden Fortsetzung der nachteiligen

Entwicklung ihres Kindes, ein Überweisungsverfahren an die Förderschule zum

Schutze der kindlichen Entwicklung durchgeführt wird. An weiterführenden

Schulen mit spezifischen Regelungen (z. B. an Gymnasien und an Realschulen)

wird lernzielgleich unterrichtet, Art. 30a Abs. 5 Satz 3 BayEUG. An diesen

Schulen mit spezifischen Regelungen besteht die Möglichkeit, gegebenenfalls

Nachteilsausgleich zu gewähren.

Es gibt aber auch Kinder und Jugendliche, die unabhängig von den Bemühungen

von Erziehungsberechtigten und Schule, sich an der Regelschule nicht

wohlfühlen und im obigen Sinne entsprechend darauf reagieren. Sie sind z.B.

von dem allgemeinen Tempo, das an der Regelschule herrscht, überfordert oder

kommen – trotz Akzeptanz seitens der Mitschüler – nicht damit zu recht,

schulisch schlechter zu sein oder aufgrund der Behinderung vieles nicht

mitmachen zu können bzw. schlicht anders zu sein. Diese Schüler haben ggf.

das Gefühl der Überforderung und des Alleinseins. Hier kann eine auf den

Förderschwerpunkt abgestimmte Schule mit ähnlich betroffenen Schülern der

Förderort sein, der die nötige emotionale Entlastung bringt und die kindliche

Entwicklung wieder positiv unterstützt. Insbesondere diese Schüler sind gemeint,

wenn das BayEUG die Überweisung bei einer Gefährdung der Entwicklung des

Kindes vorsieht.

Schwierig sind die Fälle, insbesondere im Bereich geistige Entwicklung, in denen

der Schüler in den vorgenannten Kompetenzbereichen nicht unbedingt eine

deutliche Verschlechterung zeigt, aber angenommen wird, dass er an der

Förderschule diese Kompetenzen erwerben könnte. Es stellt sich die Frage, ob

ein Stillstand an der Regelschule bzw. die Verhinderung eines Fortschritts an der

Förderschule auch eine Entwicklungsgefährdung darstellt. Eine solche

Gefährdung der (möglichen) Entwicklung lässt sich mit dem Wortlaut und Sinn

und Zweck des Art. 41 Abs. 5 BayEUG vereinbaren. Allerdings kann sich dies im

Hinblick auf das grundsätzliche Entscheidungsrecht der Erziehungsberechtigten

nur um Fälle handeln, in denen die möglichen Fortschritte an der Förderschule

erheblich wären. Dabei ist zu beachten, dass Lern- und Entwicklungswege an

der Regelschule und Förderschule unterschiedlich sein können (z.B. hinsichtlich

der Selbständigkeit) und manche Einschränkungen Teil der Behinderung sein

können, die auch an der Förderschule nicht wesentlich beeinflusst werden

können. Auch können Schulbegleiter eine wichtige Rolle spielen: Einerseits

ermöglichen und stärken sie, andererseits kann aber auch Überbehütung

entstehen, die z.B. die angestrebte zunehmende Selbständigkeit behindert; hier