

Ringbuch Inklusion zum Nachschlagen, Teil B, Stand Juli 2015
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3.2.1 Entwicklungsgefährdung
Dies gilt zum einen in Verantwortung für das Kind mit sonderpädagogischem
Förderbedarf – vergleichbar dem Jugendhilferecht - bei einer Gefährdung der
kindlichen Entwicklung. In diesem Fall kommt der Staat seiner Verantwortung für
das Kind im schulischen Bereich nach. Das BayEUG stützt sich hier in der
Begründung des Gesetzentwurfs auf Art. 7 Abs. 2 UN-BRK, der die vorrangige
Beachtung des Kindeswohls vorsieht. Gedacht ist an Fälle, in denen sich z.B.
das Kind immer mehr zurückzieht, nicht mehr teilnimmt oder verhaltensauffällig
wird, weil es an der allgemeinen Schule überfordert ist. Nach der Begründung
zum Gesetzentwurf ist zu prüfen,
„ob sich das Kind aufgrund der eigenen individuellen Ausgangslage in der
allgemeinen Schule schulisch und persönlich im Sinne eines positiven
Selbstkonzeptes weiterentwickeln kann. Es liegt in diesem Sinne eine
Entwicklungsgefährdung vor, wenn über einen längeren Zeitraum keine
individuellen Entwicklungsfortschritte zu verzeichnen sind oder wenn das
Kind oder der Jugendliche hinter die bereits erreichten Entwicklungsschritte
nicht
nur
vorübergehend
zurückfällt.
Die
Beurteilung
des
Entwicklungsprozesses orientiert sich an den individuellen Möglichkeiten und
den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Kindes oder Jugendlichen.
Dies schließt eine differenzierte Betrachtung nach Förderschwerpunkten
ein.“
Für eine Überweisung gegen den Wunsch der Erziehungsberechtigten ist
dagegen nicht ausreichend, dass eine Förderung an der Förderschule u.U.
besser ist oder von schulischer Seite als besser angesehen wird, solange nicht
die vorgenannte Entwicklungsgefährdung vorliegt. Allerdings werden regelmäßig
Schule und Erziehungsberechtigte gemeinsam anhand der bisherigen
Erkenntnisse und Erfahrungen beraten, welcher Förderort für das individuelle
Kind am besten geeignet ist und ggf. das Kind im Konsens an eine Förderschule
wechseln lassen.
Was bedeutet Entwicklungsgefährdung konkret?
Entwicklungsgefährdung bezieht sich auf die anhaltende, nachteilige individuelle
Entwicklung des einzelnen Kindes oder Jugendlichen. Dabei ist zu beachten,
dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen – unabhängig vom Förderort
– aufgrund der Persönlichkeit, des Alters und insbesondere der Behinderung
bzw. des sonderpädagogischen Förderbedarfs sehr unterschiedlich sein kann.
Einen allgemeinen Maßstab für jedes Kind gibt es nicht.
Entwicklungsgefährdung beschreibt eine manifestierte Entwicklung und setzt
einen Vergleich der kindlichen Entwicklung in einem Ausgangspunkt mit der in
einem bestimmten Endpunkt voraus.
Ausgangspunkt kann für ein Kind an der Regelschule, das an die Förderschule
überwiesen werden soll, z.B. die Einschulung in die Regelschule oder bei einer
Rücküberweisung an die Förderschule die Zeit an der Förderschule vor dem
Wechsel an die Regelschule sein. Bei Schülern mit sonderpädagogischem
Förderbedarf, die schon länger die Regelschule besuchen, kann es der Zeitpunkt