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chen. Über die formal-organisatorischen Überlegungen hinaus kommt der inneren Differen-
zierung in der inklusiven Pädagogik eine grundlegende ethische Funktion zu: Im Rahmen
von individualisiertem und kooperativem Lernen erzieht sie „zur Anerkennung und Bejahung
von Verschiedenheit, zum Wissen um das existentielle Grundbedürfnis nach menschlichem
Miteinander und zur Achtung der Integrität jedes Individuums.“ ([w]i[e]nklusiv 2011, S. 47).
Die Erkenntnis, dass das gemeinsame Lernen und die damit verbundene Individualisierung
des Unterrichts allen Kindern und Jugendlichen zu Gute kommt, findet auch in Deutschland
zunehmend Beachtung. In heterogenen Lerngruppen scheinen sich die soziale Kompetenz,
insbesondere Toleranz und Solidarität, sowie die soziale Integration besser zu entwickeln als
in homogenen Lerngruppen. Die Leitidee des sozialen Lernens ist, dass die Mitglieder in
heterogenen Lerngruppen besser „lernen, sich auf die Bedürfnisse der anderen einzustellen
und einzulassen, die Hintergründe für Differenzen wahrzunehmen, anzuerkennen oder ggf.
zu hinterfragen (z.B. bei sozialer Benachteiligung) und ihren eigenen Beitrag zum Zusam-
menleben zu leisten.“ (Schöler et al. 2012, S. 8). Inklusive Bildung im weiteren Sinne meint
die selbstverständliche Einbindung und Einbeziehung aller Kinder und Jugendlichen aus al-
len gesellschaftlichen Gruppierungen in das gemeinsame schulische Leben und Lernen.
13.3 Inklusive Förderung
Die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förder-
bedarf erfordert im inklusiven Umfeld pädagogisch-didaktische Planung und Reflexion. So
heißt es in den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz von 2011: „Die Lehrkräfte haben
die Aufgabe, gemeinsam mit den jungen Menschen und ihren Eltern sowie unter Einbindung
sonstiger Unterstützungskräfte, die in den Lehrplänen beschriebenen Ziele und Kompeten-
zen mit den individuellen Bildungs- und Entwicklungszielen auch unter Einsatz von Unter-
stützungsmaßnahmen zu verknüpfen.“ (KMK 2011, S. 8). Dies bedeutet: „Individuelle Lern-
planungen und Förderpläne sind für eine erfolgreiche inklusive Bildung unverzichtbar. Eine
inklusive Unterrichtsgestaltung beruht auf einer den Lernprozess begleitenden pädagogi-
schen Diagnostik und einer kontinuierlichen Dokumentation der Lernentwicklung.“ (KMK
2011, S. 10).
Effektive inklusive Pädagogik beinhaltet daher das Konzept der „integrierten Förderung“. Um
jeder Schülerin und jedem Schüler bestmögliche individuelle Lernbedingungen zu gewähr-
leisten, werden förderdiagnostische Elemente und Fördermaßnahmen in den Lernprozess
mit einbezogen. Das Fundament von effektivem, inklusivem Unterricht bilden die förderdiag-
nostische Beobachtung, die Erstellung individueller Förderpläne und individuelle Förderan-
gebote. Letztere sind im Idealfall in das unterrichtliche Geschehen integriert, ohne dass ein
Kind dazu aus dem gemeinsamen Unterricht genommen werden muss. Denn Fördermaß-
nahmen scheinen Erfahrungsberichten aus Integrationsklassen zufolge dann am wirksams-