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2.2.8 Schüler mit „Autismus-Spektrum-Störung“
Sämtliche Ausführungen in diesem Unterkapitel sind mit Ausnahme des Fallbeispiels dem
MSD-Infoblatt A1 „Autismus – eine Aufgabe für alle Schularten“ des Staatsinstituts für Schul-
qualität und Bildungsforschung (ISB) München entnommen. Dieser Infobrief ist in seiner Ori-
ginalform
auf
der
Homepage
des
ISB
unter
dem
Link
http://www.isb.bayern.de/foerderschulen/materialien/msd-infobriefe-autismus-spektrum-stoerung/ abrufbar.
Fallbeispiel „Leon“:
Leon fällt im Kindergarten als sehr lebhafter Junge auf, der häufig in Konfliktsituationen mit
anderen Kindern und den Betreuern gerät. Leon ist ein Einzelkind und lebt bei seiner allein-
erziehenden Mutter, die beruflich stark eingespannt ist. Als weitere Bezugsperson hat der
Junge ausschließlich seine Großmutter.
Leon hat sich zunächst altersgemäß entwickelt und auch sprachlich keine Auffälligkeiten
erkennen lassen. Der Junge zeigt sich vielseitig interessiert und zeigt vor allem für Sachthe-
men, besonders technischen Inhalts, eine große Begeisterungsfähigkeit. Seine Merkfähigkeit
scheint überdurchschnittlich gut. In Übergangssituationen, bei Veränderungen oder unvor-
hergesehenen Ereignissen zeigt Leon eine große Verunsicherung bis hin zur Verweigerung,
sich auf neue Situationen einzulassen. Sein Spielverhalten ist stark ritualisiert und sein Alltag
von Routinen bestimmt. Die Mitarbeiter des Kindergartens raten der Mutter schließlich, einen
Kinder- und Jugendpsychiater aufzusuchen. Dieser stellt nach einer umfassenden Untersu-
chung die Diagnose „Asperger-Autismus“ bei guter intellektueller Leistungsfähigkeit.
Nach einer Zurückstellung wird der Junge in die erste Klasse der Grundschule aufgenom-
men. In der Grundschulklasse werden die Auffälligkeiten von Leon nach kürzester Zeit
schwerwiegender: Seine Aufmerksamkeit und Konzentration scheinen deutlich einge-
schränkt. Anweisungen und Aufträge kann er nicht auf Anhieb umsetzen. Sein Arbeitsverhal-
ten ist sehr ich-bezogen, er fordert ständig Rückmeldung und Bestätigung der Grundschul-
lehrkraft ein. Seine soziale Anpassung im Hinblick auf Regeleinhaltung und Konfliktverhalten
ist extrem erschwert. Mit zunehmenden Misserfolgen entwickelt Leon eine geringe Frustrati-
onstoleranz, was immer öfter zu heftigen Ausbrüchen führt. Zudem zeigt er im gesamten
Schulalltag deutliche ADHS-typische Symptome wie motorische Unruhe, geringes Durchhal-
tevermögen und plötzliche Zwischenrufe. Nach einigen Konflikten mit Mitschülern gehen
erste Beschwerden von Eltern ein. Die Grundschullehrkraft nimmt Kontakt zum MSD-
Autismus auf.
Gemeinsam erarbeiten Klassenleiterin und MSD-Lehrkraft Lösungsstrategien:
- Auf Leon bezogen wird vereinbart, durch gezielte Strukturgebung und Ritualisierung für
Leon Verlässlichkeit und Sicherheit im Schulalltag zu gewährleisten. Sein Sitzplatz wird
gekennzeichnet, den Stundenplan erhält er visualisiert an seinem Arbeitsplatz. Nach dem
TEACCH-Prinzip (siehe MSD-Infobrief A2) werden seine Aufgaben aufbereitet und struktu-
riert. In ruhigen und sachlichen Gesprächen werden problematische Situationen gemein-
sam reflektiert. Außerdem versucht die Grundschullehrkraft, bei Leon eine Lenkung der
Selbstaufmerksamkeit zu erarbeiten und langfristig eine zuverlässige Selbstkontrolle zu er-
zielen. Sein ausgeprägtes Interesse für Technik wird als Motivationshilfe und auch als Be-
lohnung eingesetzt.