Die heiteren Spiele

Die Idee der Olympischen Spiele der Neuzeit wurde getragen von dem Gedanken der Überwindung nationaler Egoismen im Geiste internationaler Verständigung. Die Olympischen Spiele präsentieren sich ohnedies seit jeher als ein Gegenentwurf zu den der geschichtlichen Welt inhärenten Gesetzmäßigkeiten. Dieser Gedanke hält sich bis heute und – neben dem sportlichen Ereignis – kann die Bedeutung für die Imagepflege des jeweiligen Austragungsortes kaum hoch genug eingeschätzt werden.
Auf internationaler Ebene boten die Olympischen Sommerspiele der Bundesrepublik Deutschland eine Chance, kulturelles Ansehen als weltoffenes, freiheitliches und demokratisches Land zu generieren. 1972 war die internationale Bedeutung und Wahrnehmung der Bundesrepublik nicht besonders stark ausgeprägt bzw. der Einordnung in klare außenpolitische Festlegungen unterworfen. Dabei stand das politische Handeln der Bundesrepublik stets unter dem Aspekt der Bewährung nach dem Zivilisationsbruch durch den Nationalsozialismus.
Für Westdeutschland waren die Sommerspiele 1972 unter diesem Gesichtspunkt von größter Bedeutung: Der NS-Vergangenheit und im Besonderen den Olympischen Spielen von Berlin 1936 stellte man eine moderne und plurale Bundesrepublik im Rahmen heiterer und friedlicher Spiele gegenüber.
Die Spiele von 1972 waren der Versuch, mit der Nachkriegsära abzuschließen. München stellte sich offen und modern dar, die Veranstalter wollten ein neues, demokratisches Deutschland präsentieren. Das Sicherheitskonzept der Spiele sollte in keinem Fall an die Vergangenheit erinnern und – etwa mit offensiver Präsenz der Sicherheitskräfte – polizeistaatliche Assoziationen evozieren. Dieser gute Wille hat sich als fatale Fehleinschätzung der realen Koordinaten erwiesen.
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